Verkehrssprecher Maresch wirft den ÖBB vor, Waggons zurückzuhalten, um die eigene Verhandlungsposition beim "Verkehrsdienstevertrag" zu stärken.
Die Stadt Wien wünscht sich bessere Züge für Pendler aus dem Umland. "Viele Garnituren sind bummvoll, weil durch die Parkpickerlausweitung mehr Leute auf Öffis umsteigen", argumentierte der grüne Verkehrssprecher Rüdiger Maresch im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. Längere Züge oder Doppelstockwaggons könnten Abhilfe schaffen, für die Zusatzkosten müssten laut Maresch die ÖBB aufkommen. Diese weigerten sich allerdings, damit Wien zusätzliche Zugverbindungen bestelle, vermutet er. Denn diese würden dann zulasten des Stadtbudgets gehen. Die ÖBB weisen den Vorwurf zurück.
Derzeit verhandelt die Stadt mit den Bundesbahnen den seit 2007 gültigen "Verkehrsdienstevertrag" neu. Dieser regelt - grob gesagt - die Finanzierung des S-Bahn-Verkehrs innerhalb der Kernzone. Für andere Bundesländer gelten ebenfalls derartige Vereinbarungen. Die Wiener Gespräche befinden sich im Finale, schließlich läuft das bestehende Papier mit Jahresende aus.
ÖBB zu Leistungen verpflichtet
Laut Maresch sind die ÖBB verpflichtet, die von der Stadt gemäß dem noch gültigen Vertrag bestellten Verbindungen mit ausreichender Kapazität zu bedienen. Etwaige Mehrkosten, die jetzt durch den Einsatz längerer Züge oder Doppelstockwaggons anfielen, müsste also die Bahn berappen. Allerdings würden sowieso nicht eingesetzte Garnituren auf Abstellgleisen herumstehen, die man doch bitte fahren lassen solle, fordert Maresch. Dies sei auch im Interesse der ÖBB. Denn tue man das nicht, vertreibe man Kundschaft.
"Die ÖBB spekulieren, dass die Stadt neue Taktverbindungen bestellt", mutmaßt der grüne Verkehrssprecher. Für dichtere Takte - sie sind Teil der Vetragsverhandlungen - müsste nämlich Wien selbst in die Tasche greifen. Deshalb bessere man seitens der Bahn jetzt bewusst nicht beim Wagenmaterial nach, so seine Anschuldigung.
ÖBB weist Vorwürfe zurück
Seitens der ÖBB weist man den Vorwurf zurück. Derartiges Kalkül gebe es "natürlich nicht", so ein Bahn-Sprecher. Die ÖBB-Sparte Personenverkehr sehe sich laufend die Situation an den Haltestellen an und rüste gegebenenfalls nach. "Aber zu Stoßzeiten fährt eh alles, da steht nichts herum", versicherte der Sprecher. Die vorhandenen Kapazitäten seien gänzlich ausgereizt.
Abgesehen davon argumentieren die Bundesbahnen, dass anderes oder zusätzliches Wagenmaterial - wenn vom Besteller, also von der Stadt gewünscht - sehr wohl zu bezahlen sei. Lediglich Umschichten seien inbegriffen. Sprich: Werden Waggons von einem Zug weggenommen und an einen anderen gehängt, ist dies im Preis sozusagen inbegriffen.
Ob seit der Ausweitung des Parkpickerls in Wien mehr Pendler in Zügen unterwegs sind, will man bei den ÖBB indes nicht bestätigen. Genaue Zahlen gebe es noch nicht, so der Sprecher. Zwar seien zuletzt mehr Wochen- und Monatskarten verkauft worden, einen Rückschluss auf das konkrete Fahrgastaufkommen lasse dies aber nicht zu.
Für den grünen Verkehrssprecher wäre die Verbesserung der bestehenden Verbindungen jedenfalls noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Als nächsten Schritt müsse Wien die Niederösterreicher überzeugen, zumindest die erste Außenzone - ähnlich der Wiener Öffi-Tarifreform - preislich deutlich zu senken, um Pendlern das Zugfahren gegenüber dem Autofahren schmackhafter zu machen. Laut Maresch kommen nämlich 70 Prozent der Pendler aus jenem Bereich, der die erste Außenzone umfasst.
(APA)