Fürs Erste einmal: Willkommen im Klub!

Der Grat zwischen einer Belebung des Parlamentarismus und einem Abgleiten ins Chaos ist schmal. Im Fall von Frank Stronach könnte sogar beides stattfinden.

Wäre man Stratege in der Löwelstraße, man hätte den Kandidaten auf dem Reißbrett auch nicht besser konstruieren können: einen unternehmerisch erfolgreichen Mann von Welt, der nicht nur der großen bürgerlichen Konkurrenz von der ÖVP die Stimmen abluchst, sondern auch noch der rechtspopulistischen FPÖ und diesen somit die Chance auf Platz eins nimmt.

Einziger Schönheitsfehler dabei (abgesehen von einer Mehrheit rechts der Mitte): Es ist nicht gesagt, dass der Self-made-Milliardär aus Weiz ob seines proletarischen Restcharmes nicht auch von der Sozialdemokratie frustrierte Arbeiter aus der Obersteiermark anspricht.

Allerdings: Mehrheitlich dürfte er sich dann doch bei der unternehmerfreundlichen Klientel der Volkspartei und jener kleinbürgerlichen der ehemaligen Jörg-Haider-Fans bedienen.

Frank Stronach wird den österreichischen Parlamentarismus auf jeden Fall einmal beleben – allein, weil es nun eben einen weiteren Parlamentsklub gibt. Und wegen seines Unterhaltungswerts bei öffentlichen Auftritten – was seiner Glaubwürdigkeit allerdings mitunter mehr schadet als nützt.

Dass Frank Stronach mit seiner derzeitigen Hinterbänklertruppe aus ehemaligen BZÖ-Abgeordneten (und einem offiziell fraktionslosen Vertreter des rechten Kärntner SPÖ-Flügels) das Niveau im Hohen Haus hebt, darf jedoch bezweifelt werden. Für die Nationalratswahl im kommenden Jahr wird er ernst zu nehmendere Kandidaten anbieten müssen.

Wiewohl das Beispiel des neuen Klubobmanns Robert Lugar, der sich in den vergangenen Wochen als Stronachs erster Statthalter in der Alten Welt ganz passabel geschlagen hat, zeigt: Manche wachsen mit ihrer Aufgabe. Oder aber er wurde in seiner früheren Partei einfach unterschätzt. Was man von Lugars Kollegen ganz sicher nicht behaupten kann.

Dennoch kann das Stronach-Experiment leicht im Chaos enden. Er sammelt Glücksritter um sich wie einst Jörg Haider, die weniger an der Gesinnung als vielmehr an der eigenen Karriere interessiert sind. Mit solchen Leuten kann man à la longue, vor allem, wenn der Gegenwind rauer wird, nichts gewinnen.

Zumal man sich auch fragt, wie das nach einem allfälligen Erfolg bei der Nationalratswahl 2013 denn funktionieren soll: Ein Klub mit einer ansehnlichen Anzahl an Abgeordneten im Parlament, der Parteichef jedoch die halbe Zeit in Kanada und auch nicht wirklich gewillt, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Man sei schließlich, so Frank Stronach, ja keine Partei. Ja, was denn dann?

Auch ideologisch gibt der Mann Rätsel auf. Wenn so das Gesicht des Wirtschaftsliberalismus in Österreich aussieht, eine Art Südstaatenpaternalismus mit freundlichem Antlitz, aber nicht ganz ausgegorenen Thesen, dann braucht man sich nicht zu wundern, als Österreicher in der Welt einmal mehr belächelt zu werden.

Ein wenig erinnert er ja an Politiker à la Mitt Romney: Milliardäre, die gerade bei den Arbeitern, Angestellten und Kleingewerbetreibenden in der Provinz Anklang finden. Menschen, die hart arbeiten, aber keinen so rechten Zugang zur modernen, vielschichtigen, urbanen Welt finden und jemanden brauchen, den sie bewundern können, einen, der es aus einfachen Verhältnissen mit eigener Kraft nach ganz oben geschafft hat.

Deshalb hält Frank Stronach seine Botschaften auch kurz und simpel. Wenngleich er inhaltlich in vielem recht hat: Dass ein Staat tunlichst keine Schulden machen sollte, hat man in dieser Deutlichkeit bisher selten gehört. Und dass die wirtschaftliche Ausbildung in unseren Schulen überaus mangelhaft ist und dies geändert gehört, ebenso.

Bei all seinen Widersprüchen – in Kanada kandidierte er für die Liberale Partei, trat jedoch gegen ein Freihandelsabkommen mit den USA auf – ist Frank Stronach fürs Erste einmal ein Gewinn für die österreichische Politik. Zumal er als rechter Politiker bisher auch nie am rechten Rand angestreift ist. Und das ist für einen rechten Politiker mit Hang zum Populismus in diesem Land ja schon mal was.

In diesem Sinne also: Willkommen im Klub, Herr Stronach!

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2012)

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