Klausur: Was die Regierung in Laxenburg paktiert hat

Bilanz schoenen Regierung geht
Bilanz schoenen Regierung geht(c) Reuters
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SPÖ und ÖVP legen ein Wirtschaftspaket vor und verkünden ein Comeback der Uni-Gebühren für Langzeitstudenten. Im Schul-Streit
gibt es keine Einigung, weshalb schon die nächste Klausur vereinbart ist.

Die Regierung hat am Freitag demonstrativ gezeigt, dass sie ein knappes Jahr vor der Wahl allen Unkenrufen zum Trotz ihre Arbeit doch noch nicht eingestellt hat. Bei einer Klausur im Schloss Laxenburg wurden unter anderem Bilanzpolizei und Reform der Invaliditätspension beschlossen. Fixiert wurde ferner die Wiedereinführung der Studiengebühren für Langzeitstudenten sowie eine Erhöhung der Strafen für Schulschwänzer. Der von der SPÖ propagierte beschleunigte Ausbau der Ganztagesschulplätze wurde dagegen verschoben.

Konkret vereinbarten die Koalitionspartner, kommenden März bei einer weiteren Klausur zu beraten, was in diesem Bereich noch möglich ist. Gegenwärtig sieht der Modus so aus, dass 80 Millionen pro Jahr in die Ganztagesplatz-Förderung gepumpt werden. Die SPÖ wollte diesen Betrag verdoppeln, die ÖVP vermisste dafür ein Konzept.

"Wir bringen das durch bis März"

Für VP-Chef Michael Spindelegger sind daher noch zu viele Details offen - man müsse sich anschauen, wie man regional steuere und natürlich sei die Ganztagsschule auch eine finanzielle Frage, merkte der VP-Obmann an. Kanzler Werner Faymann versicherte hingegen, sich weiter für eine Verdoppelung der Mittel einsetzen zu wollen, SP-Unterrichtsministerin Claudia Schmied zeigte sich vom Erfolg der Initiative überzeugt: "Wir bringen das durch bis März."

Immerhin hat man ein anderes Streitthema der letzten Jahre in Laxenburg zumindest fürs erste beigelegt. Die Studiengebühren kehren in alter Form wieder, also mit 363 Euro für Langzeitstudenten und dem doppelten Betrag für Studierende aus Nicht-EU-Staaten. Die ÖVP hätte sich höhere Beiträge vorstellen können. Dafür bekommt sie in fünf weiteren Fächern eine Studienplatzbeschränkung, in Pharmazie, Biologie, Wirtschaftswissenschaften, Informatik und Architektur.

Ansonsten bot das Bildungspaket neben der Abschaffung der Bezirksschulräte einen etwas erleichterten Zugang zu Stipendien, die Grundzüge der neuen Pädagogen-Ausbildung mit Bachelor, Probephase und Master sowie ein Schulschwänzerpaket. Letzteres sieht bei entsprechenden Vergehen diverse Zwischenstufen wie Befassung von Psychologen und Sozialarbeitern vor, ehe die (erhöhte) Strafe von 440 Euro fällig wird.

Auch Österreich hat jetzt seine Bilanzpolizei

Endlich der Sack zu gemacht wurde bei der Bilanzpolizei. Österreich ist ja das letzte EU-Land, das die entsprechende Richtlinie der Union nicht umgesetzt hat. Jetzt ist es dann doch so weit. Herrin des Verfahrens ist - wie von der SPÖ gewünscht - die Finanzmarktaufsicht. Durchgeführt werden die Prüfungen allerdings gemäß ÖVP-Vorstellungen von einem privaten Verein. Zumindest in Grundzügen verständigt hat man sich in Laxenburg auch beim Banken-Insolvenzrecht.

Wie die Bilanzpolizei schon mit Ministerratsbeschluss versehen wurde die Reform der Invaliditätspension (siehe Faktbox unten). Die gibt es künftig nur noch für Personen, deren Rückkehr in den Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden kann. Alle anderen sollen via Rehabilitation bzw. Umschulung wieder jobfit gemacht werden.

Der ÖVP besondere Freude machte das Wirtschaftspaket, das etwa die Gründung von GmbH durch die Senkung des Stammkapitals von 35.000 auf 10.000 erleichtert. Jung-Unternehmer sollen zudem von unterschiedlichen Fonds profitieren, über die in den kommenden Jahren gesamt 110 Millionen fließen sollen. Schließlich gibt es noch als Frohbotschaft für Selbstständige, dass nun auch sie in den Genuss eines Krankengelds kommen, sofern in ihrem Unternehmen weniger als 25 Personen beschäftigt sind.

Vizekanzler Spindelegger erwartet sich von den Maßnahmen gleich eine Gründerwelle, Kanzler Faymann sieht die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs gestärkt. Ein Goodie hat das Sozialministerium auch für Arbeitnehmer mitgebracht. Sie können künftig nicht nur in Bildungskarenz gehen sondern auch in Bildungsteilzeit.

"Bilanz schönen"

Für Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle versuchte die Regierung mit der Klausur "ihre Bilanz noch etwas zu schönen". Es gehe vor allem um die Inszenierung, so Stainer-Hämmerle bereits im Vorfeld im "Ö1-Morgenjournal". Inhaltlich mache die Klausur nicht viel Mühe - es genüge, die übrig gebliebenen Punkte der Klausur von 2011 noch einmal aufzuwärmen. Allerdings habe die Demonstration der Gemeinsamkeit nicht wirklich funktioniert, erklärte Stainer-Hämmerle mit Verweis auf die Diskussion um den Ausbau der Ganztagsschulen: "Da sind wieder die ideologischen Gräben der Regierung aufgebrochen."

Reformen: I-Pension und Co.

Die Regierung hat bei ihrer Klausur in Laxenburg die Reform der Invaliditätspension beschlossen. Grundprinzip ist, dass die befristete Invaliditätspension bald der Vergangenheit angehört - und zwar für alle, die am 1.1.2014 jünger als 50 Jahre alt sind - anders ausgedrückt jene, die nach dem 31.12. 1963 geboren sind.

Wenn noch eine Chance besteht, die Betroffenen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und damit die Pension zu vermeiden, wird diese ergriffen. Zwei Optionen bestehen: Reha-Geld oder Umschulungsgeld.

Erstere Variante ist vor allem für Personen mit vorübergehenden Erkrankungen vorgesehen. In der Reha-Phase wird ein Reha-Geld in Höhe des Krankengelds zwölf Mal jährlich ausbezahlt. Die Höhe darf nicht unter die Ausgleichszulage rutschen. Der Bezug ist grundsätzlich unbefristet, dafür muss es zu regelmäßigen Überprüfungen des Gesundheitszustands kommen, spätestens nach einem Jahr.

Das Umschulungsgeld wiederum ist für jene gedacht, die nur ihrem angestammten Beruf nicht mehr nachgehen können. Sie sollen vom AMS für eine neue, weniger belastende Tätigkeit ausgebildet werden, wobei der bisher z.B. für Facharbeiter geltende Berufsschutz in einen Qualifikationsschutz umgewandelt wird. Das heißt, das Vermittlungsfeld für Jobs wird größer, aber die neue Ausbildung muss am bisherigen Qualifikationsniveau sein, um gröbere Einkommensverluste zu vermeiden.

Die Höhe des Umschulungsgelds entspricht dem Arbeitslosengeld plus 22 Prozent. Ursprünglich waren 25 Prozent vorgesehen. Dafür wurde nun noch eine Untergrenze in Höhe des Existenzminimums (950 Euro/Monat, 12 mal) eingezogen.

Da die befristete I-Pension bisher oft den Weg in die dauerhafte Invaliditätspension gewiesen hat, geht Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) davon aus, dass durch das Reha-Geld und die Umschulungen viele Menschen von der dauerhaften Pensionierung abgehalten werden können. An Einsparungen für die Pensionsversicherung sollen sich so bis 2018 in Summe bis zu 700 Millionen Euro ergeben.

Billiger werden könnte es in Österreich künftig für Menschen mit Zahnproblemen. Mit einer entsprechenden Gesetzesnovelle von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) werden derzeit noch geltende Beschränkungen für Zahnambulatorien beseitigt. Sie können künftig z.B. auch Inlays, Implantate und Zahnspangen anbieten und das wohl zu einem geringeren Preis als die niedergelassenen Mediziner.

Ein wenig mehr zu bezahlen ist ab Herbst 2013 für die E-Card-Gebühr, die indexangepasst wird, was ein Plus von etwa 30 Cent zu den bisher zu bezahlenden zehn Euro ausmachen dürfte. Eine Verbilligung ergibt sich dafür daraus, dass für Angehörige die Gebühr entfällt.

Erweitert wird derUnfallversicherungsschutz für Wegunfälle und zwar auf Personen, die ein Kind in die Betreuungseinrichtung begleiten und nicht den gesetzlichen Aufsichtspflichten unterliegen - z.B. auf Nachbarn, die ein Kind in die Schule mitnehmen.

Von der Regierung erhöht werden die Pauschalentschädigungen für Opfer von Verbrechen. Galten bisher nur die zwei Leistungshöhen 1.000 und 5.000 Euro, wird es künftig vier Kategorien zwischen 2.000 (schwere Körperverletzung) und 12.000 Euro (schwere Dauerfolgen) geben.

(APA/Red.)

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