Tom Hanks: „Es war eine Durchhalteschlacht“

(c) Jay Maidment
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In „Cloud Atlas“ spielt Hanks gleich sechs Rollen. Im Interview spricht er über Reinkarnation, seine Kinder und Enkel, schlaflose Nächte und erklärt, mit welcher Logik er sich für seine Karriere motiviert.

Stand Tom Hanks davor, bei „Wetten, dass..?“ das Handtuch zu schmeißen, fragte sich die deutschsprachige Medienlandschaft jüngst. Doch wer mit dem 56-Jährigen spricht, der spürt ein enormes Maß an Energie und Selbstironie. Dieser Mensch lässt sich von Fernsehshows nicht wirklich beeindrucken. Nicht einmal die sechs Rollen, die Hanks in „Cloud Atlas“ spielt, konnten ihn von einem der gewagtesten Filme seiner Laufbahn abschrecken.

Sechs verflochtene Geschichten in einem Zeitraum von 500 Jahren – hatten Sie keine Bedenken bei „Cloud Atlas“?

Tom Hanks: Absolut nicht. Als die Regisseure auf mich zukamen, hatten sie ihre Vision komplett durchentwickelt – natürlich war das Drehbuch kompliziert, aber auch der Entwurf eines komplexen Gebäudes ist nicht sofort verständlich. Das wirkliche Risiko gingen Finanziers und Filmemacher ein. Ich habe nichts gemacht, als vorbeizukommen und den Filmstar zu spielen. Das bereitet mir immer noch großen Spaß.

Wobei der Film nicht als Spaßvehikel konzipiert ist, sondern eine ernste Botschaft hat.

„Botschaft“ klingt so, als würden wir den Leuten einen Wink mit dem Zaunpfahl verpassen. Aber die Wirkung des Films ist subtiler, nachhaltiger. Das hat natürlich zur Folge, dass ihn manche Leute nicht sofort verstehen. Aber das finde ich positiv, das fördert den Dialog. Wer hat denn schon „Inception“ völlig kapiert? Ich persönlich will im Kino nicht sehen, was ich schon kenne. Sonst langweile ich mich nur zu Tode.

Zentrales Konzept von „Cloud Atlas“ ist die Reinkarnation. Glauben Sie daran?

Wir sind auf jeden Fall mit dem Leben anderer Menschen verknüpft, das muss man gar nicht religiös sehen. Ich bin Schauspieler, weil vor mir andere Schauspieler waren – über Jahrhunderte hinweg. Genauso beeinflusse ich das Leben meiner Kinder. Und das sind nur ein paar Beispiele von vielen.

Sind Sie ein guter Vater?

Ich mag vielleicht nicht immer da gewesen sein, als meine Kinder mich brauchten, aber ich habe versucht, sie immer zum Lachen zu bringen. Und ich hatte, glaube ich, einen recht klaren Blick für ihre Probleme. Außerdem war ich sehr geduldig. Mit Ungeduld kannst du bei Kindern so viel verpfuschen. Aber zum Glück sind sie jetzt alle ausgezogen.

Zum Glück?

Ja, denn meine Frau und ich können endlich wieder tun, was wir wollen. Ich hatte vorher nicht mal Zeit für Hobbys – abgesehen davon, dass ich alte Schreibmaschinen sammle. Inzwischen ist auch der letzte kleine Bastard weg, weil er aufs Internat wollte. Aber das Allerbeste war, dass sie auf die Welt kamen. Jetzt bin ich sogar stolzer Großvater und kann mir nichts Besseres vorstellen, als mit meiner Enkelin herumzuknuddeln.

Und bereit, in aller Ruhe alt zu werden...?

Ich will noch einiges auf die Beine stellen. Ich bin noch ziemlich gut im Schuss. Meine Hüften sind ganz in Ordnung. Ich habe weder geraucht noch gesoffen, mache ein bisschen Sport. Sechs, sieben Jahre sollte ich noch laufen.

Wie erklären Sie sich, dass sich auch nach 30 Jahren die Leute für Sie interessieren?

Gute Frage. Ich weiß nur, dass ich das unbedingte Verlangen hatte, mich in dieser Branche durchzusetzen und bereit war, meine Grenzen zu überwinden. Ich kannte unglaublich talentierte Leute aus meiner Jugend, die nie aus unserer Heimatstadt weggezogen sind. Ich hatte kein Problem, meine Sachen ins Auto zu schmeißen und dorthin zu fahren, wo mir jemand einen Job anbot. Nicht, dass ich nicht Durststrecken gehabt hätte. Ich kann mich gut erinnern, wie ich als junger Familienvater mit zwei Kindern dasaß und monatelang keine Angebote kamen. Gleichzeitig musste ich Hypotheken zahlen und das Auto streikte. Das hat mir die eine oder andere schlaflose Nacht beschert.

Aber Sie dachten nie ans Aufgeben?

Nein, denn irgendwie lief jedes Jahr ein bisschen besser als das davor. Und wenn ich zum Vorsprechen kam, machte ich mir mit folgender Logik Mut: „Ich bin besser als 50 Prozent der anderen. Das heißt, ich bin genauso gut wie 48 Prozent der restlichen Bewerber – abgesehen von den zwei Prozent Genies, an die ich nie heranreichen werde. Und bei diesen anderen 48 Prozent muss ich mich einfach nur durchboxen. Irgendwie wird es sich ergeben, dass die passende Rolle dabei sein wird.“ Ich musste nur durchhalten. Meine ganze Karriere war eine reine Durchhalteschlacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2012)

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