Der Spielraum für die österreichische Regierung bei den Verhandlungen über den künftigen siebenjährigen EU-Budgetrahmen ist begrenzt. Die EU-Beiträge richten sich zu zwei Dritteln nach der wirtschaftlichen Stärke.
Wien. Die Verhandlungen über den künftigen siebenjährigen EU-Budgetrahmen für 2014 bis 2020 werden zum innenpolitischen Schlachtfeld. Nachdem Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) die Österreicher im „Presse“-Interview auf einen höheren EU-Beitrag eingeschworen hat, forderten Vizekanzler Michael Spindelegger und sein Staatssekretär, Reinhold Lopatka, (beide ÖVP) eine härtere Verhandlungslinie – notfalls mit Veto.
Der Spielraum ist freilich begrenzt. Wenn Österreich auf Einsparungen in einem der größten Haushaltsfelder drängt, wird es im Gegenzug auch weniger Rückflüsse aus der EU erhalten. Die sind laut Regierung für die Landwirtschaft, für die ländliche Entwicklung und für Infrastrukturprojekte der Bahn aber weiterhin wichtig. Damit bleibt als Verhandlungsmasse gerade einmal die EU-Verwaltung, und das sind lediglich sechs Prozent des gesamten Budgets. Da hier eine Totalkürzung nicht möglich ist, wären die Effekte für Österreich mit einem Eigenmittelanteil von derzeit 2,4Prozent in jedem Fall geringfügig. Einziger Ausweg ist, dass sich Österreich dafür einsetzt, dass krisenerschütterte Länder künftig weniger für Wachstumsimpulse erhalten. Für diese Radikalposition gibt es bei Bundeskanzler Faymann keine Sympathien, lediglich Lopatka kann sich im Gespräch mit der „Presse“ eine „Anpassung“ vorstellen. Denn viele dieser Länder könnten ihre Kofinanzierung sowieso nicht mehr stemmen, so der Staatssekretär.
Gleichzeitig gibt es auch bei den Zahlungen an Brüssel wenig Spielraum. Denn rund zwei Drittel der Beiträge der Mitgliedstaaten errechnen sich aus der wirtschaftlichen Stärke des jeweiligen Landes pro Kopf (BNP). Da hat Österreich deutlich die Nase vorn. Die Differenz zur Wirtschaftskraft südeuropäischer Länder ist gegenüber dem letzten Haushaltsrahmen deutlich größer geworden. Das bedeutet, dass unser Land automatisch mehr in das Gemeinschaftsbudget wird einzahlen müssen als bisher.
Bleiben die Verhandlungen über einen Rabatt: Österreich wurde für den EU-Haushalt von 2007 bis 2013 ein Rabatt auf die Zahlungen aus einem Mehrwertsteueranteil und auf seinen Anteil des Briten-Rabatts (Rabatt vom Rabatt) gewährt. Im letzten Jahr waren dies laut Regierung insgesamt 170 Millionen Euro. Wenn Österreich also für ein gerechteres System bei der Einhebung der EU-Eigenmitteln eintritt, wird es davon relativ wenig spüren, da es die damit verbundenen Lasten nur zu einem kleinen Teil tragen musste.
Der theoretische Ausweg, wie ihn FPÖ-Europaabgeordneter Andreas Mölzer formuliert, ist die Forderung nach einer „Renationalisierung“ der Politik. Sollten EU-Kompetenzen wie die Landwirtschaftspolitik wieder nach Österreich geholt werden, würde dies natürlich die Zahlungen senken. Das, so versichert Lopatka, könne aber nicht das Ziel sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2012)