In der Parallelstaffel auf dem Gehsteig

Fußgänger in der Parallelstaffel
Fußgänger in der Parallelstaffel(c) EPA
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Fußgänger sind nicht nur glückliche Autofahrer, denen es gelungen ist, einen Parkplatz zu finden.

Fußgänger sind nicht nur glückliche Autofahrer, denen es gelungen ist, einen Parkplatz zu finden. Nein, es gibt sie auch in der hauptberuflichen Ausführung. Wobei es zu unterscheiden gilt, in welcher Disziplin sie sich darauf spezialisiert haben, den zur Verfügung stehenden Boden möglichst effizient zu nutzen. Besonders häufig begegnet man dem Slalomgeher, der die Distanz zwischen Haus- und Gehsteigkante permanent auslotet. An ihm vorbeizukommen, erfordert ein hohes Geschick – und birgt die Gefahr einer Kollision in sich. Geradliniger mögen es die Verfechter der Parallelstaffel. Das ist jene Spezies, die in gehsteigbreiten Gruppen auftritt und das Gesetz der Kohäsion bedingungslos lebt – sie zu umschiffen erfordert meist ein Ausweichen auf die Fahrbahn.

In einer eigenen Welt lebt der Abruptstopper. Ihn erkennt man meist erst dann, wenn die eigene Nase sich in den Rückenfilz seines Mantels gebohrt hat. Wobei man zwischen dem Auslagenstopper, dessen impulsive Negativbeschleunigung von äußeren Einflüssen determiniert ist, und dem viel häufiger vorkommenden „l'art pour l'art“-Stehenbleiber differenzieren muss. Letzterer scheint von einer unsichtbaren Kommandozentrale aus zum sofortigen unmotivierten Halten gesteuert zu werden. Manche dagegen tragen das Steuerungsgerät deutlich sichtbar vor ihrem Körper – den Blick fest auf das Smartphone gerichtet. Dieser Typus Fußgänger gehört zur Sorte der Spontanwender – mitten im schnellen Schritt wird der Körper um 180Grad gedreht und weitergeschickt. Gäbe es den Ö3-Verkehrsfunk für Fußgänger, käme die Redaktion mit den Geistergehermeldungen nicht mehr nach.

Gibt es eigentlich so etwas wie die Straßenverkehrsordnung auch für Fußgänger? Und sollte man das Nutzen der Straße per pedes vielleicht in eigenen Gehschulen unterrichten? Übrigens hat Wien seit Kurzem eine eigene Fußgängerbeauftragte.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2012)

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