Der Griff über die Grenze

Sexuelle Belästigung muss nicht immer mit Sex zu tun haben. Selbst Worte reichen.

Wo beginnt sexuelle Belästigung? Für die Bezirksstaatsanwaltschaft Graz erst dort, wo primäre und sekundäre Geschlechtsorgane ins Spiel kommen. Und das weibliche Gesäß zählt offenbar zu keiner dieser beiden Kategorien. Der berühmte Griff auf den Hintern sei daher keine sexuelle Belästigung.

Nun kann man ja die Meinung vertreten, dass ein freundschaftlicher Klaps auf das Gesäß ja nicht grundsätzlich verwerflich ist. Und dass man nicht bei jeder Berührung, egal welchen Körperteils, gleich Alarm schreien muss. Doch die Argumentation der Grazer Juristen übersieht, dass Sexualität eben mehr als nur das Reiben primärer und sexueller Geschlechtsorgane aneinander ist. Und dass sexuelle Belästigung auch auf anderen Ebenen stattfinden kann. Das kann der Griff auf den Hintern sein, wenn es eine Betroffene so empfindet. Es können auch einfach nur Worte sein, die einen Menschen sexuell belästigen. In Wirklichkeit geht es einfach nur darum, bestimmte Grenzen zu respektieren. Und die Grenzen dessen, was als unangenehm empfunden wird, verlaufen mit Sicherheit nicht nur entlang der Geschlechtsorgane.

erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2012)

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