Knotzer: "Bund soll sich wieder selbst kümmern"

ÖVP-Innenministerin Mikl-Leitner müsste in den Ländern viel mehr Druck zur Übernahme von Flüchtlingen machen, sagt Traiskirchens SPÖ-Bürgermeister Knotzer.

Die Presse: Im Erstaufnahmezentrum sind zurzeit 1400 Bewohner, 900 mehr als politisch vereinbart. Wie ist das für Ihre Stadt zu bewältigen?

Fritz Knotzer: Schwierig. Es ist mehr als beengt dort. Ende des Monats steht deshalb auch eine bau- und feuerpolizeiliche Untersuchung an, denn die Stadt muss die Sicherheit garantieren und würde im Fall eines Unglücks verantwortlich gemacht werden.

Was könnte die Folge der Untersuchung sein? Eine Sperre des Lagers?

Nicht unbedingt. Aber bei Gefahr im Verzug müssten wir sofort zumindest annähernd auf die vorgesehene Belegung reduzieren. Im Haus für Minderjährige etwa beträgt sie 80, und es können vielleicht 100 drinnen wohnen, ohne dass bei einem Brand nicht mehr alle rechtzeitig herauskönnen. Zurzeit leben aber viel mehr Minderjährige im Zentrum.

Seitens der Politik gibt es den Vorwurf, Ihrer Gemeinde gehe es mit der Untersuchung gar nicht so sehr um die Sicherheit, sondern darum, möglichst schnell Asylwerber in Richtung der anderen Bundesländer loszuwerden.

Das ist vielleicht die Meinung von ein paar Sektionschefs und Beamten im Innenministerium. Die Sicherheit hat aber absoluten Vorrang für uns.

Hat ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner den Job verfehlt, weil sie das Einhalten der Quote in den Ländern noch nicht durchgesetzt hat?

Die jüngste Regierungskonferenz mit den Landeshauptleuten zum Thema hat sicher nicht geschadet. Jetzt muss die Ministerin aber in den Ländern, auch bei den Landesräten, stärker darauf drängen, dass die Vereinbarung eingehalten wird. Sonst müsste man sagen: Sie sollte diese Kompetenz vielleicht an jemand anderen übergeben.

Die Ministerin hat in der „Presse“ bereits gesagt, sie werde keine Sanktionen gegen säumige Länder verhängen. Was fordern Sie?

Einschnitte im Zuge des Finanzausgleichs wären eine Möglichkeit. Für das Beste hielte ich es aber, der Bund würde sich wieder selbst um die Verteilung der Flüchtlinge auf Quartiere kümmern, nicht die Länder über die 15a-Vereinbarung. Dann läge alles in einer Hand.

Wie ist die Stimmung in Ihrer Stadt angesichts der Überbelegung?

Teils, teils. Das Zentrum bringt ja auch wirtschaftliche Vorteile und Arbeitsplätze. Es gibt aber auch ein gewisses Unwohlsein, gerade im Gebiet direkt beim Lager. Einfach, weil dort eine große Anzahl an Asylwerbern präsent ist und auch Ängste bestehen. Ich setze da auf Sachlichkeit und Information.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2012)

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