Auf dem Gärtnerhof Ochsenherz werden 60 Gemüsearten und Kräuter angebaut. Verkauft wird das Biogemüse aber nicht klassisch auf dem Markt, sondern via Clubmitgliedschaft. Inklusive Ernteausfallsrisiko.
Gänserndorf. Nein, es sind keine Hippies, die auf dem Gärtnerhof Ochsenherz arbeiten. Und auch keine Vegetarier oder Veganer, die besonders viel Wert auf eine politisch korrekte Lebensweise legen. Es sind auch nicht irgendwelche Aussteiger, die gegen das System sind. Es sind einfach Menschen, die gerne Gemüse essen und Wert auf Vielfalt legen. „Im Handel gibt es fast nur Hybridsorten. Uns geht es aber um die Sortenvielfalt und um samenfeste Sorten“, sagt Peter Laßnig, Leiter des Gärtnerhofes Ochsenherz, während er über den rund fünfHektar großen Hof in Gänserndorf, rund 30 Kilometer nordöstlich von Wien, führt.
Weiter hinten sind seine Kollegen gerade mit der Ernte von Wurzelgemüse, Kraut, Roten Rüben und bunten Karotten beschäftigt. Vorne befinden sich ein paar Gewächshäuser, in denen empfindlichere Pflanzen angebaut werden. Auch die Samen für Gemüse und Kräuter werden im Hof Ochsenherz selbst gezogen.
Das Besondere am Ochsherz ist aber nicht nur die Arten- und Sortenvielfalt – rund 60 verschiedene Gemüse- und 20Kräuterarten werden hier angebaut, hinzu kommen mehrere, etwa 15 verschiedene, Paradeisersorten –, sondern die Art der Vermarktung. „Uns gibt es seit 2002, wir haben früher ganz klassisch auf Märkten, etwa dem Naschmarkt oder dem Karmelitermarkt, verkauft. Aber wir haben gemerkt, dass wir so nicht existieren können. Auch auf Märkten orientiert man sich am Preisniveau des Großhandels, da können wir nicht mithalten“, sagt Laßnig, der den Hof mit neun Personen bewirtschaftet.
CSA – gemeinsam landwirtschaften
Die Zauberformel, um biodynamisches und seltenes Gemüse anzubauen und dennoch davon leben zu können, lautet CSA, also „community-supported agriculture“. Dahinter verbirgt sich ein recht einfaches System, das an eine Art Clubmitgliedschaft erinnert. Konsumenten und Produzenten gehen eine Partnerschaft ein, in der Erstere Geld zur Verfügung stellen und dadurch dem Gärtnerhof ein nachhaltiges Wirtschaften nach ökologischen Kriterien ermöglichen. Im Gegensatz dazu erhalten die Mitglieder das geerntete Gemüse. Und da man sich auch von Marktzwängen, Gewinnvorgaben und Ähnlichem befreit hat, nimmt man eben das, was die Natur hergibt. Sprich, wenn es Ernteausfälle, etwa aufgrund von Hagel gibt, bekommen die rund 220 Mitglieder etwas weniger. „Wir hatten noch nie komplette Ernteausfälle. Aber wenn es einmal ein bisschen weniger ist, versuchen wir das durch die Vielfalt und die seltenen Sorten auszugleichen“, sagt Laßnig. Ihm ist es wichtig zu betonen, dass diese Form der Landwirtschaft nur durch das Engagement der Konsumenten möglich ist. Positiver Nebeneffekt: Einerseits sind die Konsumenten durch Informationsveranstaltungen und der Einladung, hin und wieder auf dem Hof mitzuarbeiten, näher an das Produkt gebunden, was wiederum andererseits einen bewussteren Umgang mit dem Gemüse ermöglicht.
Bewusster Umgang mit Steckrübe und Co.
Das wird allein daran deutlich, dass sich Konsumenten nur das nehmen, was sie brauchen. Für die Mitglieder, die rund 1200Euro im Jahr zahlen – je nach finanzieller Lage mehr oder weniger – gibt es zwei Möglichkeiten, an Gemüse zu kommen: Entweder man holt wöchentlich vorgefertigte Gemüsekisten an bestimmten Adressen ab, oder man besucht Verteilstellen. „Wir stehen jeden Freitag auf dem Naschmarkt, wo sich unsere Mitglieder nehmen, was sie wollen.“ Das sei meist sehr fair, die Leute wollen nichts wegschmeißen. Unverständnis gibt es nur von Marktbesuchern, die das Gemüse sehen und nichts kaufen können. Die können sich nur auf die Warteliste eintragen. Denn vergrößern will man sich beim Ochsenherz nicht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2012)