Weiter Milliarden für Großbauern, kräftiger Anstieg der Verwaltungskosten: Das vorerst gescheiterte Ringen ums EU-Budget läuft auf einen leicht gekürzten Erhalt des Status quo hinaus.
Brüssel. Um 16.30 Uhr war es vorbei: Das Gipfeltreffen über den Finanzrahmen der EU in den Jahren 2014–2020 ist am Freitag ohne Ergebnis gescheitert. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel versuchte sich zwar in Schönfärberei und meinte, für eine Einigung Anfang 2013 gebe es „ausreichendes Potenzial“. Hinter verschlossenen Türen krachte es aber gehörig: Frankreichs Präsident François Hollande musste sich dem Vernehmen nach auf seine Kritik am deutschen Rabatt auf den Mitgliedsbeitrag die bissige Antwort Merkels anhören, sie rede gerne über den Rabatt, aber bitte nur gemeinsam mit dem Status von Straßburg als teurem – zweitem – Standort des Europaparlaments.
Von den zukunftsorientierten Ideen der Europäischen Kommission zur Reform des rund ein Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung umfassenden Budgets war da kaum etwas übrig geblieben.
Frankreich setzt sich durch
Stattdessen brachte der gescheiterte Gipfel einen wesentlichen Rückschritt. Hollande hat sich durchgesetzt und weitere acht Milliarden Euro an Direktzahlungen für Europas Bauern durchgeboxt. Direktzahlungen, deren größter Nutznießer bekanntlich Frankreich ist. Rund acht Milliarden Euro kassieren die französischen Landwirte pro Jahr allein aus dieser Quelle. Die 278 Milliarden Euro an Direktsubventionen, welche EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy für die Jahre 2014–2020 vorschlägt, wären zwar um 8,9 Prozent weniger als in der laufenden Finanzierungsperiode. Aber in der Zwischenzeit wird es auch weniger landwirtschaftliche Betriebe geben. Pro Bauernhof wird die Kürzung also nicht so stark ausfallen.
Zumal es auf deutsch-französischen Druck auch künftig möglich sein wird, Großbetriebe in unbeschränkter Höhe zu subventionieren. „Auf freiwilliger Basis“ können die EU-Staaten Höchstbeträge festlegen, heißt es in dem der „Presse“ vorliegenden Vorschlag. Agrarkommissar Dacian Cioloş wollte eine verbindliche Deckelung. Das wurde von den Regierungen aber ebenso vom Tisch gefegt wie die verpflichtende Anforderung, 30Prozent der Direktzahlungen für Umweltmaßnahmen einzusetzen. Auch dieses „Greening“ wird eine freiwillige Übung bleiben.
Kleines Zuckerl für Österreich
Bundeskanzler Werner Faymann kann vorerst zumindest ein kleines Zugeständnis nach Wien mitnehmen. Um die Kürzungen in der sogenannten „Ländlichen Entwicklung“ der Agrarpolitik für Österreich nicht allzu drastisch ausfallen zu lassen, schlägt Van Rompuy einen zusätzlichen Pauschalbetrag von 700 Millionen Euro für die sieben Jahre vor. Im Landwirtschaftsministerium weist man allerdings seit jeher darauf hin, dass allein die bisherige Förderung der Bergbauern, die aus diesem Budgettopf bezahlt wird, rund 250 Millionen Euro pro Jahr kostet.
Was unterm Strich für Österreich herauskommt, kann man seriös noch nicht sagen. Die Aussage von Vizekanzler Michael Spindelegger, Österreichs Netto-Mitgliedsbeitrag zur EU werde von derzeit rund 800Millionen Euro auf 1,4Milliarden Euro steigen, konnte auf Nachfrage der „Presse“ weder in seinem Kabinett noch im Büro von Staatssekretär Reinhold Lopatka anschaulich nachgerechnet werden. Klar ist nur: Einen Rabatt bekommt Österreich nicht mehr.
Dafür dürften die Verwaltungsausgaben der EU kräftig steigen – sehr zum Ärger von Britanniens Premierminister David Cameron, der meinte, die Eurokraten müssten „sich an die Realität anpassen“. Der Anstieg um rund 9,7 Prozent von 57 auf knapp 63 Milliarden Euro lässt sich nur zum Teil mit Kroatiens EU-Beitritt begründen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2012)