Katalonien: Dämpfer für Premier Mas

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Regierungspartei CiU muss Verluste hinnehmen und Radikale werden gestärkt. Regierungschef Artur Mas will weiterhin über seinen Unabhängigkeitskurs abstimmen zu lassen.

Barcelona. Versteinerte und nachdenkliche Mienen statt Jubelgesänge: So hatte sich Regierungschef Artur Mas die Wahlnacht nicht vorgestellt. Der eigenwillige Landesfürst der abdriftenden nordspanischen Region Katalonien hatte – schon zwei Jahre nach Amtsantritt – Neuwahlen angesetzt, um über seinen Unabhängigkeitskurs abstimmen zu lassen. Doch die Katalanen stärkten nicht Mas, der sich zum Wortführer der Abspaltungsfront aufgeschwungen hatte, sondern mehrere kleine und radikalere Separatistenparteien.

„Wir machen weiter“, kündigte Mas an, der an einer Volksbefragung in den nächsten Jahren über den angestrebten Abschied seiner wirtschaftsstarken Region von Spanien festhalten will. Doch für diese Schritte muss er ein Mehrheitsbündnis schmieden. Dies dürfte angesichts des durchwachsenen Ergebnisses der katalanischen Regionalwahl nicht so einfach werden. Wegen der nun notwendigen politischen Kompromisse könnte sich die Fahrt in die Unabhängigkeit für die etwa 7,5 Millionen Katalanen verlangsamen.

Heimlicher Gewinner Junqueras

Denn die katalanisch-nationalistische Regierungspartei CiU von Mas sackte auf knapp 31 Prozent ab, von 62 auf 50 Mandate. Die sehr viel radikalere Separatistenpartei ERC verdoppelte derweil mit 14Prozent der Stimmen ihre Abgeordnetenzahl auf insgesamt 21 und wurde zweitstärkste Kraft. Zur antispanischen Front, die fast zwei Drittel der Stimmen im Parlament hat, gesellen sich weitere Splitterparteien wie ICV (neun Sitze) und CUP (drei Mandate).

Die absolute Mehrheit im katalanischen Parlament liegt bei 68 Sitzen, sodass der alte und vermutlich auch neue Ministerpräsident Mas sich zum Beispiel mit ERC zusammenraufen könnte, um eine absolute Mehrheit zu bekommen und um seine Abspaltungspläne, die von Spaniens Zentralregierung abgelehnt werden, voranzutreiben. ERC-Chef Oriol Junqueras, welcher als der heimliche Wahlgewinner gilt, wurde von seinen euphorischen Anhängern in der Nacht mit den Rufen „Unabhängigkeit, Unabhängigkeit“ gefeiert.

Beide Protagonisten der katalanischen Separatistenbewegung eint nichts außer der Unabhängigkeitsidee. Der manchmal wie ein kleiner König auftretende Mas gehört zum strammen konservativ-bürgerlichen Lager, der hemdsärmelige Junqueras ist politisch eher ein Linksaußen.

Scheitert diese Konstellation, bliebe Mas nur noch ein Bündnis mit den Sozialisten (PSC), die in Sachen Unabhängigkeit allerdings einen Schleuderkurs fahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2012)

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