Galeriehotel: Otto Wiesenthals Wohlfühlort

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Otto E. Wiesenthal führt das Hotel Altstadt. Ein beliebter Geheimtipp bei Künstlern – und ein guter Ort für seine eigene Kunstsammlung.

Es ist, zumindest nach den Bewertungen auf Tripadvisor, eines des beliebtesten Hotels in Wien – und dabei von außen kaum als solches erkennbar. Kein livrierter Türsteher, keine großzügige Lobby, stattdessen ein altes Patrizierhaus, das immer noch wie ein Wohnhaus aussieht. Und in dem man erst einmal in den ersten Stock muss, um die Rezeption zu erreichen. Dort hängt dafür dann ein Prachensky, und der Kuchen ist gut und frisch.

Otto E. Wiesenthal hat sich mit dem Hotel Altstadt im lebendigen Spittelbergviertel einen Traum erfüllt. Oder genau genommen zwei. Der eine ist das eigene Hotel. Hotels liebt Wiesenthal schon lange. „Ich hatte“, sagt er, ohne ins Detail zu gehen, „eine relativ harte Kindheit. Nicht wirtschaftlich, aber psychisch.“ Ab dem Alter von 25 war er als Manager auf Reisen, war viel in guten Hotels. „Und dort bin ich immer hervorragend behandelt worden.“ Wohlfühlen, das prägt.

Mit 40 kehrte Wiesenthal, nach zehn Jahren in einem US-Unternehmen, IT, KFZ-Industrie und Banken den Rücken, machte sich mit Freunden in Wien auf die Suche nach einem Hotel und wurde in der Kirchengasse im siebten Bezirk fündig: mit Blick auf die Kirche und bis zu fünf Meter hohen Räumen. „Ich hatte immer überlegt, ob ich nicht eine Galerie machen soll. Damit war nun auch der Platz für meine Bilder gegeben.“ Und Traum Nummer zwei auch erfüllt.


Viele der Zimmer des Altstadt ließ er überhaupt von Künstlern gestalten, der italienische Stararchitekt Mattheo Thun zeichnet für einige verantwortlich, zuletzt gestaltete Designerin Lena Hoschek eine Suite. In jedem Zimmer hängt zumindest ein gutes Bild. Sein erstes erwarb Wiesenthal 1969, mit 20. Seither sammelt er, und zwar „lauter sehr große“. Anfangs musste er sie in seiner Wohnung unterbringen, jetzt hat er 2700 Quadratmeter zur Verfügung – und immer noch „genug eingelagert, um wechseln zu können“. Auch im neuen Veranstaltungsraum in der frei gewordenen Druckerei, der für Ausstellungen und Seminare gemietet werden kann, sieht er schon wieder „Platz für meine Bilder“. Dass er farbenblind ist, tut seiner Begeisterung keinen Abbruch.

Kunst war dabei schon früh Teil seines Lebens. Als Kind der bekannten Mercedes-Händlerfamilie zählt er die Tänzerin Grete oder den Maler Franz Wiesenthal zu seinen Vorfahren, es gab Hausmusikabende und gute Küche. Gern Gastgeber zu sein, das sei ihm geblieben. Wobei sein Schwerpunkt eigentlich auf seinen „entspannten Mitarbeitern“ liegt: Wochenenddienste werden klug eingeteilt, eine eigene Köchin kocht für ihn und seine Mitarbeiter – am Ende merke das der Gast.

Durchaus auch der prominente Gast. Das versteckt gelegene Haus mit den höchst unterschiedlichen Zimmern ist bei Schriftstellern, Künstlern und Schauspielern beliebt. Ihre Namen werden diskret gehütet, aber, soviel kann Wiesenthal sagen, Francis Ford Coppola sei hier Stammgast. Tobias Moretti wohne gern hier, auch Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel war schon da. Kriminacht-Autoren wie Jussi Adler-Olsen oder Arne Dahl waren hier untergebracht, vergangene Woche die Schauspieler eines Filmdrehs, „und es werden“, sagt Mitarbeiterin Theresa Gruber, „immer mehr“.

Wiesenthal, dessen jüngste Tochter (von drei) gerade probeweise eingestiegen ist, pflegt dabei das Motto „management in absence“: Er gibt sich selbst Zeit für Theater oder Oper und ist zweieinhalb bis drei Monate pro Jahr unterwegs, in neuen Museen oder auf Kunstmessen – ganz nach dem Motto, das er gern auf die tausenden schmalen Notizbücher drucken lässt, mit denen er in Magazinen wirbt: „Das Leben ist schön.“

Auf einen Blick

Otto E. Wiesenthal stammt aus der Mercedes-Händlerfamilie und arbeitete lange als Manager in den Bereichen IT, Kfz-Industrie und Banken, bis er 1991, mit 40, das Hotel Altstadt am Spittelberg eröffnete. Er begann mit 24 Zimmern, inzwischen sind es 45, womit das Hotel rund 90 Prozent des Hauses belegt. Aktuelle Erweiterung ist ein Meeting-Raum, den man mieten kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2012)

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