Scheitert Inventur der Goldreserven?

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Der Rechnungshof will Österreichs Goldreserven prüfen. Experten meinen, dies sei praktisch nicht möglich, weil das Gold nicht eindeutig zuzuordnen sei. 80 Prozent des Goldes befindet sich in London

Wien/Apa. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat vergangene Woche viel über die 280 Tonnen Gold der Republik Österreich preisgegeben. Auf welchen Teil davon man aber wirklich Zugriff habe, lasse sich nicht erkennen, sagt eine US-amerikanische Organisation, die sich seit 15 Jahren mit dem globalen Goldmarkt beschäftigt.

„Um das zu wissen, müsste die Bank nicht nur preisgeben, wie viel sie aktuell verliehen hat, sondern auch, ob das Gold in zuordenbaren oder nicht zuordenbaren Konten (allocated/not allocated) gehalten wird“, erläuterte Chris Powell vom Gold Anti Trust Action Committee (Gata).

Die OeNB musste vergangene Woche vor dem Parlament einräumen, dass sich 80 Prozent des Goldes in London befinden und erklärt, dass sie in den vergangenen zehn Jahren 300 Mio. Euro mit Goldleihgeschäften verdient habe. Nachdem ein Experte kommentiert hatte, dies lege nahe, dass ein großer Teil verliehen sei, ließ die Bank durchsickern, dass dies aktuell nur mehr 16 Prozent der Bestände betreffe. Eine Erklärung für die relativ hohen Erlöse aus der Goldleihe gab sie keine ab.

Zuordenbares Gold bedeutet laut Gata, dass die Barren genau gewogen, mit Seriennummern versehen dem Eigentümer direkt zugeschrieben werden können und auf Verlangen ausgefolgt werden müssen. Nicht zuordenbares Gold ist lediglich eine Forderung gegen die lagernde Institution, im besseren Fall also etwa die Bank of England (BoE) oder die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Gata geht davon aus, dass diese Forderungen unbesichert sind; ob dies wirklich der Fall ist, ist aber nie offiziell verlautbart worden. Institutionen wie BoE oder BIZ führen jedes Jahr Gold-Swaps im Volumen von etlichen hundert Tonnen durch.

Im Fall von nicht zuordenbarem Gold hätte die OeNB weder das Recht, konkrete Barren zurückzubekommen noch gäbe es eine Liste, die für eine Inventur der physischen Bestände verwendet werden könnte. „Als Konsequenz könnte sich ergeben, dass es praktisch unmöglich ist, große Teile der Goldreserven verlässlich zu prüfen“, meint Gata-Sekretär Powell. Der Rechnungshof wird 2013 die Nationalbank und deren Devisenbestände durchleuchten, hat bisher aber offengelassen, ob das erstmals auch die physischen Goldbestände umfasst.

Goldpreis manipuliert?

Gata wirft den westlichen Zentralbanken vor, den Goldpreis seit Jahrzehnten zu manipulieren, um ihre Währungen – vor allem den Dollar – zu stützen und die Zinsen niedrig zu halten. Ein großer Teil dieser Transaktionen werde mit Material von Zentralbanken durchgeführt, was dazu geführt habe, dass in deren Tresoren real nur mehr die Hälfte des Goldes lagere, das offiziell ausgewiesen werde. Kritiker weisen dies als „Verschwörungstheorie“ zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2012)

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