Der Konvoi geriet in der Nähe des Flughafens in ein Feuergefecht. Militärs waren auf dem Rückweg vom Golan nach Österreich. Heftige Gefechte in Syriens Hauptstadt.
[Damaskus/Wien/Ag./Red.] Eigentlich hätte Damaskus ihre letzte Etappe auf den Weg zurück nach Hause sein sollen. Aber auf dem Weg zum Flughafen geriet das Konvoi mit rund 100 österreichischen UN-Soldaten in ein Schusswechsel zwischen Rebellen und Armee. Zwei Militärs wurden verletzt – ein 25-Jähriger Steirer an der Schulter, ein 54-Jähriger Burgenländer am Arm. Ihnen gehe es „den Umständen entsprechend gut. Sie werden am Flughafen von einem österreichischen Arzt betreut, der das Konvoi begleitet hat“, sagte Oberst Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums, zur „Presse“. Er hoffe, dass sie „so bald wie möglich wieder heim geflogen werden können“.
Die beiden Österreicher, die von bisher noch unbekannten Tätern angeschossen wurden, befinden sich zur weiteren Behandlung in einem Krankenhaus in Israel. Sowohl der 53-jährigen Vizeleutnant aus dem Burgenland, der einen Steckschuss an der Schulter erlitt, als auch der am Arm leicht verletzte 25-jährige Korporal aus der Steiermark sind stabil.
Soldaten bereits auf Rückweg
Jene rund 100 österreichischen UN-Soldaten, die ihren Einsatz auf den Golanhöhen heute beendet haben, sind auf dem Rückweg nach Österreich. Eine Ankunft der von der UNO gecharterten Boing 767 rechnet man im Verteidigungsministerium nicht vor 01.15 Uhr Freitagfrüh.
Gegenwärtig sind rund 370 Österreicher auf dem Golan im Einsatz. Sie bewachen dort als Teil einer UNO-Mission die Pufferzone zwischen Syrien und dem von Israel besetzten Golan. Unklar sei, ob Rebellen oder die Armee auf das Konvoi geschossen habe, sagte Oberst Bauer. Ob es Pläne gebe, die Soldaten wegen der prekären Sicherheitslage künftig nicht mehr über Damaskus ein- und ausfliegen zu lassen, wollte er nicht sagen.
Minister verurteilen Angriff
Verteidigungsminister Norbert Darabos und Außenminister Michael Spindelegger verurteilten den Angriff auf die Österreicher. Wien will Protest beim UN-Sicherheitsrat einlegen, der syrische Botschafter wurde ins Verteidigungsministerium zitiert. „Syrien hat die Verantwortung für die Sicherheit unserer UN-Soldaten“, so Spindelegger.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur „Reuters“ kam es gestern zu heftigen Gefechten in der Nähe des Flughafens von Damaskus. Die Straßen zum Airport seien blockiert, zitierte die Agentur einen Rebellensprecher. Fluglinien haben ihre Flüge von und nach Damaskus gestrichen.
Kein Internet, keine Handyverbindung
Zudem gibt es in Syrien offenbar seit gestern keinen Zugang zum Internet mehr. Das Land sei praktisch vom Netz abgekoppelt, teilten zwei auf die Beobachtung des weltweiten Internetverkehrs spezialisierte US-Unternehmen am Donnerstag mit. Dies könnte bedeuten, dass die Regierung von Staatschef Bashar al-Assad im Kampf gegen die Rebellen die Kommunikationsverbindungen gekappt hat. Zuvor hatten Oppositionsanhänger in Syrien bereits erklärt, dass Internet- und Handyverbindungen in weiten Teilen des Landes nicht mehr funktionierten. Auch Festnetztelefone seien kaum erreichbar.
Das Verteidigungsministerium in Wien wusste von einer Blockade der Zufahrtsstraße zum Flughafen von Damaskus nichts. „Die Lage am Flughafen ist ruhig“, sagte Oberst Bauer.
Hintergrund
Die UNO überwacht seit 1974 auf den Golan-Höhen die Waffenstillstandslinie zwischen Israel und Syrien nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973 – damals hat Israel große Teile des Gebiets von Syrien erobert. Die UN-Truppe (UNDOF) zählt mehr als 1000 Soldaten, Österreichs Bundesheer stellt derzeit rund 380 Soldaten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30. November 2012)