35 Jahre Teletext: Totgesagte leben länger

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Der schwarze Querbalken, der sonst bei gestörtem Bild über den Schirm wandert, kann Texte und Tabellen übermitteln“, schilderte „Der Spiegel“ seinen Lesern im Jahr 1977.

Es ging um eine Neuigkeit der Internationalen Funkausstellung. „Es ist eine Art elektronischer Zeitung, mit neuesten Nachrichten aus Politik, Wirtschaft, Sport, mit Lottozahlen und der Wettervorhersage." Heute, 35 Jahre später, trifft die Beschreibung auf den Teletext immer noch zu. Und zwar auf den Punkt. In der Welt aus schwarzem oder weißem Hintergrund, bunten Klötzen und kantiger Schrift ändert sich nur wenig. Die Fußballergebnisse sind auf Seite 210, das Wien-Wetter auf Nummer 602. Tafel 726 ist das Horoskop. Mehr als 899 gibt es davon nicht. Die Welt ist hier begrenzt.

Theoretisch hätte das Medium schon vor Jahren verschwinden müssen. Schließlich ist nicht nur über Smartphones, die in Österreich immer größere Verbreitung finden, jegliche Information nur einen Fingerwisch entfernt. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Immer mehr Menschen lesen Teletext. Der ORF erreichte mit seinem Angebot im ersten Halbjahr 2,3 Millionen Menschen pro Woche - so viele wie seit 2007 nicht. Der öffentlich-rechtliche Sender verfügt dabei über einen Marktanteil von rund 74 Prozent.

„Der Teletext ist eines der beliebtesten Informationsmedien des ORF", freut sich Thomas Prantner, Onlinechef des Senders. Deswegen bekenne man sich auch dazu: „Wir werden das Teletext-Angebot auch in den kommenden Jahren inhaltlich und technologisch weiterentwickeln", sagt Prantner. Das ist zum Teil auch schon geschehen: Unlängst wurden Versionen für Smartphones und Tablet-Computer präsentiert. Denn: 1,39 Millionen mal pro Monat wird das Online-Angebot teletext.orf.at abgerufen. Das ist eine Steigerung von neun Prozent gegenüber dem Vorjahr und selbst im Vergleich zu anderen heimischen Onlinemedien eine passable Zahl.

In Deutschland sieht es ähnlich aus. Dort sind die Reichweiten in den letzten Jahren kaum zurückgegangen. 2011 schauten täglich 15,5 Millionen Menschen in den Teletext, gegenüber 17,1 Mio. im Jahr 2006. Ein Ende ist auch nicht in Sicht: RTL, Deutschlands größter Privatsender, hat für seinen Spartenkanal RTL Nitro gerade einen eigenen Teletext gestartet. „Die Abrufzahlen zeigen, dass der Teletext nach wie vor eine stark nachgefragte Plattform ist", hieß es zum Start.

Das wissen die Sender für sich zu nutzen. Sie haben im Teletext eine kleine, aber feine Erlösquelle gefunden. Denn nicht nur Nachrichten und Wetterinformationen sind dort zu finden. Leser werden etwa auf der Tafel 100 des ORF-Teletext von einem grünen Kasten mit der Inschrift „www.haarestattglatze.com" begrüßt. Mit derartigen Einschaltungen verdient der Sender nach eigenen Angaben zwar weniger als eine Million Euro pro Jahr. Dafür seien die Umsätze „auf kleinem Niveau stabil".

Ähnliches berichten die Privatsender. „Die Werbeumsätze haben sich auf stabilem Niveau eingependelt", heißt es bei der SevenOne Media, die unter anderem ProSieben und Sat. 1 vermarktet. Das Gleiche bei RTL: „Wir sehen eine stabile Nutzung und auch stabile Umsätze." Die Beratungsfirma Goldmedia hat die Umsätze der deutschen Medienkonzerne mit Teletext im Jahr 2008 einmal mit 32 Mio. Euro beziffert. Sie dürften nicht viel geschrumpft sein.

Nur ein Unternehmen klagt darüber, dass ihm die Werbeeinnahmen im Teletext wegbrechen: ATV. Anders als bei deutschen Konkurrenten wird der Leser im ATV-Text immer noch von Erotikwerbung bombardiert. Seit es das alles gratis im Internet gibt, seien die Erlöse zurückgegangen, heißt es auf Anfrage.

Der größte heimische Privatsender ging im Jahr 2000 an den Start und damit zu einer Zeit, als man den Teletext schon auf dem absteigenden Ast wähnte. Folglich wurde kaum darin investiert und der Betrieb an eine externe Firma ausgelagert. Das könnte sich noch als Fehler erweisen.

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