Geld für Informanten: Der Kampf um die Whistleblower

(c) FABRY Clemens
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Unternehmen und Politik ringen im Kampf gegen Korruption um wissende Tippgeber. Konzerne setzen auf Whistleblower-Portale. Brüssel will Informanten künftig – nach amerikanischem Vorbild – mit Geldprämien locken.

Wien/Auer. 104 Millionen US-Dollar kassierte der frühere UBS-Banker Bradley Birkenfeld von den USA für den entscheidenden Tipp, wie sein damaliger Arbeitgeber reichen Amerikanern half, Geld vor dem Fiskus zu verstecken. In Europa werden solche „Whistleblower“ – noch – nicht so fürstlich entlohnt. Im Gegenteil. Bisher mussten viele Informanten nach ihren Enthüllungen erst einmal den Gang zum Arbeitsamt antreten.

Telekom sucht Whistleblower

Doch die großen Korruptionsfälle der vergangenen Jahre haben Politiker und Unternehmen gleichermaßen aufgeschreckt. In der EU hat ein regelrechter Wettlauf um die Tippgeber begonnen. Arbeitgeber bieten für das Wissen ihrer Mitarbeiter Anonymität – die Politik vielleicht bald auch harte Euro.

Die Telekom Austria ist das jüngste Beispiel in einer Reihe von Konzernen, die – nach Bekanntwerden mutmaßlicher Korruptionsaffären – die Flucht nach vorn antreten und interne Whistleblower-Portale einrichten. Mitarbeiter, Lieferanten und sonstige Insider sollen über das „tell.me“ getaufte Tool völlig anonym Missstände im Unternehmen aufzeigen können. „Internationale Studien zeigen, dass Whistleblowing in der Praxis die wichtigste Quelle für Information über Unregelmäßigkeiten ist“, sagt Martin Walter, Compliance-Verantwortlicher der Telekom Austria.

Das haben mittlerweile auch Politiker erkannt. So plant die EU-Kommission etwa, Informanten – wie die USA – Geldprämien anzubieten, berichten deutsche Medien unter Berufung auf einen Verordnungsentwurf. Demnach will die EU damit vor allem die Bekämpfung von Wirtschaftsdelikten vorantreiben. In den USA beteiligen die Börsenaufsicht SEC und das Finanzamt Informanten schon heute mit bis zu 30 Prozent an den Geldbußen für „verpetzte“ Konzerne.

Briten sind beste US-Informanten

Die Unternehmen sind von diesen Plänen wenig begeistert. Erstens gebe es dafür keine Veranlassung, weil immer mehr Arbeitgeber interne Whistleblower-Portale eingerichtet hätten, so die Argumentation. Zweitens würden staatliche Geldprämien das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmen und Mitarbeitern stören.

Die Erfahrung aus den USA zeigt aber, dass die umstrittenen Prämien durchaus Erfolge bringen. Allein in den vergangenen vier Jahren ist die Zahl der gemeldeten Fälle in den Vereinigten Staaten um 276 Prozent nach oben gesprungen. Brüssel könnte mit dem Vorstoß noch etwas schaffen: Nämlich ein besseres Verhältnis zu den Briten. Die können mit dem gut bezahlten Whistleblower-Modell der USA offenbar viel anfangen. Jeder vierte Insider-Tipp, der es 2012 von Übersee in die USA schaffte, kam aus Großbritannien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2012)

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