Banken vertiefen Spaltung Europas

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Streit um eine neue Europäische Bankenaufsicht. Die Bankenunion soll den Euro stabilisieren. Doch sie bringt nun das ohnehin fragile europäische Einvernehmen der 27 EU-Mitglieder aus dem Gleichgewicht.

Brüssel. Kleine gegen Große, Euroländer gegen den Rest der EU: Wer das Zerfallen der Union studieren will, bekommt es am Zank über die Schaffung der Bankenunion veranschaulicht.

Britannien, Schweden und Polen – drei besonders marktfreundliche Volkswirtschaften – werden an dieser neuen Aufsicht über die europäischen Banken nicht teilnehmen. Sie fühlen sich von den Euroländern übervorteilt und beklagen, dass zu viel Macht auf eine europäische Ebene gehoben wird, ohne die Interessen der Staaten ausreichend zu berücksichtigen.

Kleinere Länder wie Österreich, Slowenien oder Luxemburg wiederum fühlen sich von den großen europäischen Mächten ungerecht behandelt. Denn wenn die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrer neuen Aufsichtsrolle wichtige Vorschriften über die zwangsweise Rekapitalisierung oder Abwicklung von maroden Banken beschließt, soll nicht mehr das herkömmliche Prinzip „Ein Land, eine Stimme“ gelten.

„Es gibt keine gleiche Behandlung von Euro- und Nicht-Euro-Ländern“, klagte Schwedens Finanzminister Anders Borg am Mittwoch in Brüssel zu Beginn der öffentlichen Debatte über die Bankenunion. Und er nannte das Kind beim Namen: „Wenn wir einmal in einer wirklich kritischen Situation sind, nämlich in einer Nacht von Sonntag auf Montag eine Stunde vor dem Öffnen der Märkte in Japan, und wir dann große Verluste untereinander zwischen den Staaten aufteilen müssen, dann zählen Stimmrechte. Darum werden wir auf absehbare Zeit nicht teilnehmen. Das Risiko für Schwedens Steuerzahler ist zu hoch.“

Teufel, Anleihen und Banken

Noch konkreter machte die Ablehnung der neuen Regeln für die zahnlose Europäische Bankenaufsicht (EBA) in London der stellvertretende polnische Finanzminister Jacek Dominik: „Wenn die EZB künftig Anordnungen für Banken aus dem Euroraum trifft, steht immer ihre implizite finanzielle Unterstützung dahinter. Wir hingegen wären auf uns allein gestellt.“

Denn es geht hier nicht bloß um neue strenge Regeln für die Banken. Es geht um neue europäische Geldtöpfe zur Rekapitalisierung und Abwicklung insolventer Banken – Geldtöpfe, in die aber nur Euroländer greifen dürfen. Das haben die Staats- und Regierungschefs des Euroraumes bei einem Gipfeltreffen Ende Juni heurigen Jahres so beschlossen. Der neue Aufsichtsmechanismus soll „den Teufelskreis zwischen Banken und Staatsanleihen durchbrechen“ – unter Führung der EZB. Erst dann sollten die Euroländer über ihren neuen 500-Milliarden-Euro-Fonds ESM marode Banken eines ihrer Mitglieder rekapitalisieren dürfen. Man würde dann, anders als im Fall des knapp 40 Milliarden Euro schweren ESM-Kredits für Spaniens Bankenrettung, nicht mehr den Umweg über die jeweilige Regierung gehen müssen.

150 Großbanken zur EZB

Es geht also bei der Bankenunion um die Währungsunion und ihre 17 Mitglieder. Die Politiker, die im Sommer noch glaubten, man könne die restlichen zehn EU-Staaten samt ihren Banken problemlos an die Bankenunion anflanschen, haben sich gehörig geirrt. Die EU ist nun einmal ein Binnenmarkt. Selbst wenn man sich, dem Kompromissvorschlag Zyperns folgend, darauf einigt, gut 150 „signifikante“ Großbanken aus dem Euroraum direkt der EZB zu unterstellen und die restlichen rund 5900 über die nationalen Aufseher indirekt, bleibt offen, was mit ihren schwedischen, britischen, dänischen, polnischen Konkurrenten passieren soll. „Wir reden über die politische und institutionelle Aufstellung Europas in einer neuen Ära“, sagte Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden. Er meinte das als Ermunterung. Nicht wenige dürften es als Drohung verstehen.

Auf einen Blick

Rund 150 Banken aus den Euroländern dürften ab nächstem Jahr direkt von der Europäischen Zentralbank beaufsichtigt werden. Ob die EZB aber auch die Regeln für die Bankenaufsicht im Rest der EU bestimmt, spaltete am Mittwoch die Finanzminister in Brüssel. Führende Nicht-Euro-Länder erklärten strikte Ablehnung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2012)

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