Die FMA hat im Konflikt mit dem Schuhproduzenten Heini Staudinger den Schwarzen Peter gezogen. Das ist nicht ganz fair.
Heini Staudinger ist ein begnadeter Populist mit einem guten Riecher für markige Sprüche. Da sich die Finanzmarktaufsicht (FMA) am Namen seines Kreditmodells „Sparverein“ stoße, will es Staudinger „Apfelbäumchen“ nennen. Außerdem werde er für seine Anleger ein T-Shirt mit der an die FMA gerichteten Botschaft drucken lassen: „Bitte beschützt uns nicht.“
Am Dienstagabend fand die Posse Staudinger versus FMA bei einer vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) organisierten Diskussionsrunde ihren vorläufigen Höhepunkt. Erstmals standen sich die beiden Kontrahenten, Heini Staudinger und FMA-Vorstand Helmut Ettl, öffentlich gegenüber. Auf wessen Seite das Publikum stand, war klar. Staudinger-Fans quittierten die Aussagen ihres Idols mit lautstarkem Jubel, während Ettl mehrmals unwirsche Zwischenrufe erntete. Dabei muss schon einmal gesagt werden, dass die FMA hier für eine Sache den Kopf hinhalten muss, für die sie eigentlich nicht verantwortlich gemacht werden kann. Natürlich klingt es nach seelenlos-sprödem Bürokratentum, wenn Ettl sich bei jeder Gelegenheit darauf beruft, dass die FMA „nur ihre Pflicht tut“, wenn sie Unternehmen, die sich mit Bürgerbeteiligungsmodellen finanzieren, auf den Zahn fühlt. Aber die FMA sitzt eben am ausführenden und nicht am gesetzgebenden Ast. Sie sorgt dafür, dass Gesetze eingehalten werden.
Staudinger sucht die Eskalation
Dabei gäbe es offenbar eine Lösung, die die von Staudinger so verhasste Pflicht, einen teuren Kapitalmarktprospekt herauszugeben, umgehen würde. Und die FMA wäre mehr als glücklich, wenn Staudinger darauf einsteigen würde. Deshalb war sich Ettl bei der Diskussion auch nicht zu schade, mit dieser Lösung (bei der es um die Zahl der Anleger geht) noch einmal verbal vor Staudingers Nase herumzuwedeln. Staudinger gab sich kurz den Anschein, als ob er das in Erwägung ziehen würde. Doch dann schmetterte er Ettl entgegen, dass er den Teufel tun und die Sache stattdessen vom Verfassungsgerichtshof klären lassen werde. Es gehe hier nicht mehr nur um ihn und seine Firma, sondern um das Recht der Menschen auf ein gutes, selbstbestimmtes Leben. Ein Totschlagargument. Aber eines, das bei der Bevölkerung gut ankommt.
Da verwundert es nicht, dass es vonseiten nahezu aller politischer Couleurs Sympathiebezeugungen für Staudinger hagelt. Welcher Politiker würde nicht gern im Windschatten dieses renitenten Waldviertler Naturburschen Pluspunkte bei den Wählern sammeln? Deshalb bliesen alle anderen Diskutanten, von Michael Ikrath, Generalsekretär des Österreichischen Sparkassenverbandes (ÖVP) über Volker Plass, Bundessprecher der Grünen Wirtschaft bis zu Jan Krainer, Budget- und Finanzsprecher der SPÖ, ins gleiche Horn: Sie forderten unbürokratische und preiswerte Formen der Unternehmensfinanzierung, etwa durch eine Erleichterung der Prospektpflicht. Ob sie diese Forderung in ihren eigenen (Regierungs-)Parteien umsetzen können, bleibt abzuwarten. Bis dahin halten die Streithanseln die Stellung, bis sich die Regeln geändert haben.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2012)