Neue Warnbilder auf Zigarettenpackungen

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Gesundheitskommissar Tonio Borg präsentierte Vorschläge für Tabakwaren. Ein wichtiges Ziel der neuen Richtlinie ist insbesondere der Schutz junger Menschen.

Brüssel/Wien. Das Bild einer Lunge, übersät mit schwarzen Flecken, geschädigt vom jahrelangen Tabakkonsum. Darunter in großen, fett gedruckten Buchstaben die bereits bekannte Warnung: „Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs.“ Auf der Rückseite die Telefonnummer einer Hotline, die Raucher wählen sollen, um das ungesunde Laster endlich loszuwerden.

75 Prozent der Oberfläche jeder Zigarettenpackung – statt wie bisher 30 bis 50 Prozent – sollen nach einem neuen Vorschlag der Kommission künftig mit Warnhinweisen und Bildern erkrankter Organe gekennzeichnet sein. „Manchmal muss man die Leute schockieren, damit sie zu rauchen aufhören“, erklärte Gesundheitskommissar Tonio Borg gestern bei der Präsentation der lange erwarteten Tabakrichtlinie. Eine seitlich auf der Packung angebrachte Botschaft soll daher statt der derzeitigen Informationen über Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid darüber informieren, dass Tabakrauch über 70 krebserregende Stoffe enthält.

Ein wichtiges Ziel der neuen Richtlinie ist insbesondere der Schutz junger Menschen. Sie sollen gar nicht erst dazu verleitet werden, zur Zigarette zu greifen. 94 Prozent aller Raucher beginnen schon mit unter 25 Jahren. Neben den groß angebrachten Gesundheitswarnungen auf der Packungsoberfläche soll es daher künftig ein Verbot aller Produkte geben, die starke und charakterisierende Aromen beinhalten. „Wir wollen zwar nicht wie Kanada oder Brasilien die Beigabe sämtlicher Aromastoffe untersagen“, so Borg. „Aber Zigaretten, die wie Schokolade oder Vanille schmecken und den intensiven Geschmack des Tabaks überdecken, machen es für Jugendliche leichter, mit dem Rauchen zu beginnen.“

Elektronische Zigaretten erlaubt

Auch Schnupf- und Kautabak müssen künftig frei von Aromastoffen sein. Ein allgemeines Verbot hat für die Kommission keine Priorität. „Diese Produkte füllen nur eine kleine Nische aus und sind für junge Leute nicht besonders attraktiv“, so Borg. Aufrechterhalten bleibt hingegen das Verbot für den schwedischen Lutschtabak Snus. Lediglich Schweden selbst ist von der Regelung ausgenommen, da Stockholm bei seinem Beitritt eine Ausnahmeregelung erwirkt hat.

Elektronische Zigaretten dürfen dagegen auf den Markt kommen, müssen aber Gesundheitswarnungen tragen. Produkte, deren Nikotingehalt oberhalb einer Schwelle liegt, sind nur erlaubt, wenn sie als Arzneimittel für Nikotinersatz zugelassen sind.

Geht es nach Borg, sollen die neuen Vorschriften europaweit bereits in drei bis vier Jahren in Kraft treten. Davor müssen der Richtlinie aber noch das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten zustimmen.

Grüne für strengere Vorschriften

Besonders im Abgeordnetenhaus gehen manchen die Vorschläge aber nicht weit genug. Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen, bezeichnete sie zwar als wichtigen ersten Schritt in die richtige Richtung. Jedoch müssten „sowohl die Regeln für Zigarettenpackungen als auch für Zusatzstoffe in Zigaretten während des Gesetzgebungsprozesses noch weiter verbessert werden“, so Harms. Für Richard Seeber, Europaabgeordneter der ÖVP, ist die Richtlinie dagegen ein „ausgewogener Vorschlag, der auf übertriebene Ideen verzichtet“.

Die nackten Zahlen sprechen jedenfalls für ein strengeres Reglement. Jährlich sterben etwa 700.000 Menschen durch den Tabakkonsum. Die Hälfte aller Raucher lebt im Schnitt vierzehn Jahre kürzer als Nichtraucher, und durch das Rauchen verursachte Krankheiten kosten die Gesundheitssysteme 25 Milliarden Euro jährlich.

„Wir behandeln die Leute nicht als dumm, sondern wollen ihnen mit den Gesundheitshinweisen helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen“, so Borg. Ziel des Vorschlags sei es, den Anteil der Raucher in Europa in den nächsten fünf Jahren um zwei Prozent zu reduzieren. „Ich selbst bin ein toleranter Exraucher.“

In Zahlen

700.000 Menschen in der Europäischen Union sterben jedes Jahr an den Folgen des Tabakkonsums. Krankheiten, die durch das Rauchen verursacht werden, kosten die europäischen Gesundheitssysteme jährlich 25 Milliarden Euro, 8,3 Milliarden entgehen der Wirtschaft durch die frühzeitige Pensionierung erkrankter Raucher.

Europaweit rauchen 28 Prozent der Bevölkerung, 21 Prozent haben damit aufgehört und 51 Prozent haben nie geraucht. 44 Prozent der Raucher sind Frauen, 56 Prozent sind Männer. 94 Prozent aller Raucher haben schon mit unter 25 Jahren damit begonnen, 70 Prozent gar mit unter 18 Jahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2012)

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