Frankreich: Verfassungsrat kippt Reichensteuer

Frankreich Verfassungsrat kippte Reichensteuer
Frankreich Verfassungsrat kippte Reichensteuer(c) REUTERS (POOL)
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Die umstrittene Reichensteuer von 75 Prozent für Spitzenverdiener ist nicht verfassungskonform. In Frankreich wird die Entscheidung als herber Rückschlag für den sozialistischen Präsidenten Hollande gewertet.

Paris. Empfindliche Schlappe für Frankreichs Präsident Francois Hollande und seine Bemühungen, den maroden Staatshaushalt zu sanieren: Der französische Verfassungsrat – er entspricht dem hiesigen Verfassungsgerichtshof – hat die umstrittene Reichensteuer von 75 Prozent für Spitzenverdiener gekippt. Diese Entscheidung gab das aus neun Richtern und den drei ehemaligen Staatspräsidenten Valéry Giscard d'Estaing, Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy bestehende Gremium am Samstag bekannt.

Premierminister Jean-Marc Ayrault reagierte umgehend und kündigte an, dass die Regierung eine „revidierte“ Version der Steuerreform einbringen werde. Ayrault bezeichnete die Entscheidung des Verfassungsrats nur als vorübergehende Blockade.

Der Steuersatz von 75 Prozent auf Einkommen von mehr als einer Million Euro war Kern von Hollandes im Wahlkampf propagierten Bemühungen, reiche Bürger zur Sanierung der Staatsfinanzen in die Pflicht zu nehmen. In dem Ende Dezember beschlossenen Sparhaushalt 2013 ist die Reichensteuer mit zehn Milliarden Euro veranschlagt. Kürzungen und Steuererhöhungen sollten in Summe 30 Milliarden Euro bringen und das Defizit von derzeit 4,5 auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken.
Obwohl die Reichensteuer eher als Politpropaganda des Sozialisten Hollande gesehen wurde, die nur einige tausend Franzosen treffen würde, löste die Ankündigung einen Sturm der Entrüstung vor allem bei den Besserverdienern aus.

Mit dem Schauspieler und Unternehmer Gerard Depardieu stellte sich ein Prominenter an die Spitze der Gegner. Depardieu, der unter anderem mit Rollen als Cyrano de Bergerac und als Obelix bekannt wurde, hat sich schon vor Längerem ein Haus in Belgien gekauft. Kurz nach Verabschiedung der Steuerreform (die die Reichensteuer inkludiert) kündigte der Mime den Verzicht auf seine französische Staatsbürgerschaft an. In einem Brief an Ayrault meinte Depardieu, der Premier habe ihn beleidigt. Dieser hatte Depardieus Steuerflucht nach Belgien als „erbärmlich“ bezeichnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2012)

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