Das Stilmittel der Überzeichnung wurde schon zu vielen Zwecken eingesetzt und war bei den Mächtigen gefürchtet. Im frühen 19. Jahrhundert befand es sich auf seinem Höhepunkt.
1832 karikierte Honoré Daumier den französischen König als Vielfraß, der die Schätze des ganzen Landes verschlang, und die Menschen gleich mit. Dafür erhielt der Künstler ein halbes Jahr Haft, das Stilmittel der Karikatur war bei den Mächtigen gefürchtet. Und damals, im frühen 19. Jahrhundert, befand es sich auf seinem Höhepunkt.
Vorher war die Überzeichnung einer Person oder eines Zustands eine eher grobe Waffe – mit der etwa in der Reformation die Parteien übereinander herfielen –, und hinterher verkam sie zum übelsten Mittel der Verfolgung, Antisemiten nahmen den Stift zur Hand und füllten den „Stürmer“ mit Karikaturen der Opfer.
Damit hatte die Karikatur sich weithin erledigt, sie fand auch weniger Widerhall, die Dargestellten ließen ihre Darstellung an sich abrinnen, weithin wenigstens und vor allem in der Politik. In einem anderen Feld aber kamen die Zeichner zu weit höherem Einfluss, als ihnen lieb sein konnte, in dem der Religion: Als die dänische Tageszeitung „Jyllands Posten“ 2005 Mohammed-Karikaturen druckte, folgte der Karikaturenstreit, in dem nicht nur in vielen islamischen Ländern europäische Botschaften attackiert wurden, es gab auch Tote, über 150.
Andere Religionen sind milder, aber auch Gerhard Haderer erhielt ein Verfahren wegen Herabwürdigung religiöser Lehren, als er 2002 seinen Comic „Das Leben Jesu“ publizierte. Er wurde freigesprochen. Auch als das deutsche Satiremagazin „Titanic“ im Vorjahr eine Karikatur des Papstes zeigte, hielten sich die Folgen in Grenzen, der Vatikan brachte eine Klage ein und zog sie später zurück.
Immer härter werden die Fronten hingegen, wenn es um den Islam geht. Das zeigte sich zuletzt bei einem 2012 in den USA gedrehten Schmähvideo über den Propheten, wieder wurde in vielen Staaten demonstriert. Hintergrund ist auch, dass viele Muslime schon in der bloßen Darstellung Mohammeds ein Sakrileg sehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2013)