Er arbeitet, sie ist daheim: Das gilt bei studierenden Eltern, die das aber nicht traditionell sehen.
Wien/Apa/Ks. In der Theorie wird sie meist (offiziell) abgelehnt, in der Praxis gelebt: die traditionelle Rollenverteilung. Spätestens, wenn das erste Kind da ist. Das hat nun auch eine Studie, die das Familienbild bei Studenten mit Kind untersucht hat, bestätigt. Demnach kümmern sich bei jungen, studierenden Eltern die Väter durch erhöhte Erwerbstätigkeit um den Lebensunterhalt der Familie, während die Mütter vor allem in den ersten Lebensjahren des Kindes für dessen Betreuung zuständig sind.
Das zeigt eine Sonderauswertung der jüngsten Studierenden-Sozialerhebung vom Institut für Höhere Studien (IHS). Demnach sind fast alle studierenden Väter neben dem Studium erwerbstätig, 80Prozent während des gesamten Semesters, die meisten davon sind vollzeitbeschäftigt. Die Mütter gehen hingegen meist einer Teilzeitbeschäftigung nach. 87Prozent der Väter verlassen sich bei der Betreuung auf die Lebenspartnerin, umgekehrt tut dies nur etwa die Hälfte der Mütter (57Prozent). „Je älter das Kind ist, desto stärker tragen Mütter durch erhöhte Erwerbstätigkeit zur Familienfinanzierung bei“, heißt es im Bericht.
Insgesamt haben in Österreich neun Prozent der Studierenden Kinder unter 27 Jahren im gemeinsamen Haushalt. Die Kinderbetreuung direkt an der Hochschule werde nur selten genutzt. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle will die Vereinbarkeit von Studium und Familie verbessern. Für die Jahre 2013 bis 2015 werden gerade Regelungen vereinbart.
Individuelle Verhandlung
Die Gründe für die traditionelle Rollenverteilung wurden nicht analysiert. Jugendforscher Philipp Ikrath sieht diese aber nicht in der Tradition: „Spannend ist die Art und Weise, wie die alten Rollenbilder legitimiert werden. Man bezieht sich dabei nämlich nicht auf die Tradition, sondern darauf, dass die Verteilung Ergebnis individueller Verhandlung ist.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2013)