Experte: Flughafen Berlin geht nicht vor 2017 in Betrieb

Airport Berlin koennte auch
(c) AP (Berthold Stadler)
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Es spräche nicht viel dagegen, den bisherigen Bau abzureißen und den Flughafen neu zu bauen, sagt Flughafen-Experte Faulenbach da Costa.

Der neue deutsche Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg (BER) könnte nach Einschätzung eines Flughafenexperten im schlimmsten Fall erst im Jahr 2017 in Betrieb gehen. "Wer jetzt den BER schnell in Betrieb nehmen will, taumelt von einem Desaster in das nächste", sagte Dieter Faulenbach da Costa, der bereits zahlreiche Flughäfen weltweit beriet, der "Berliner Morgenpost" vom Donnerstag.

Es spräche "nicht viel" dagegen, den bisherigen Bau abzureißen und den Flughafen neu zu bauen. "Das Projekt Hauptstadtflughafen wurde von den Verantwortlichen mit voller Wucht an die Wand gefahren", sagte er.

"Das nächste Desaster steht bevor"

"Doch das nächste Desaster steht bevor, wenn der BER auf Grundlage der jetzigen Planung in Betrieb geht", führte Faulenbach da Costa aus. In dieser Form werde der Flughafen nicht in der Lage sein, die steigende Zahl an Passagieren zu bewältigen. Der Flughafenexperte warf den verantwortlichen Bauexperten und Fachleuten Versagen vor. Auch der Aufsichtsrat scheine seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen zu sein, ergänzte er. "Ich frage mich, wie es überhaupt möglich ist, an einer Genehmigung vorbei zu bauen? Jeder normale Bau wäre sofort stillgelegt worden."

Bei der Behebung der Mängel dürfe es nun "keine Denkverbote" geben, forderte Faulenbach da Costa. So könnte etwa geprüft werden, ob nicht mehrere Regionalflughäfen für die Hauptstadtregion lohnenswert seien. "Wenn der BER jetzt so umgebaut wird, dass er das Passagierwachstum auch nach 2020 noch bewältigen kann, wird das einige Zeit und Geld Anspruch nehmen." Im schlimmsten Fall rechnet der Experte mit Gesamtkosten von fast zehn Milliarden Euro. Darin sind 3,3 Milliarden Euro für die Erweiterungsinvestitionen enthalten und rund zwei Milliarden Euro für die Beseitigung der aufgedeckten Mängel.

Schaden: "500 Millionen Euro plus x"

Indes wollen der Bund, Berlin und Brandenburg nach der Absage der Flughafeneröffnung bei der Lösung des Desasters um den Hauptstadtflughafen an einem Strang ziehen. "Es ist im gesamtstaatlichen Interesse, das Flughafenprojekt erfolgreich zu Ende zu bringen", erklärten die drei Gesellschafter in einer gemeinsamen Mitteilung am Mittwochabend. Alle erforderlichen Entscheidungen im Aufsichtsrat sollten einvernehmlich getroffen werden.

Allerdings drohen die bereits auf 4,3 Milliarden Euro angewachsenen Kosten, weiter zu steigen. Die Luftverkehrsbranche rechnet wegen der Absage des Eröffnungstermins 27. Oktober mit einem Schaden in Höhe eines dreistelligen Millionen-Betrages. Der Grünen-Fraktionschef in Brandenburg, Axel Vogel, erwartet eine Summe von "500 Millionen Euro plus x".

"Eine Pfeife nicht durch andere Pfeife ersetzen"

Auch an der geplanten Berufung des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) zum Aufsichtsratschef der Flughafen-Gesellschaft wird in der Bundesregierung Kritik laut. Platzeck soll Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nachfolgen. Im deutschen Finanzministerium gibt es nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa aus Regierungskreisen und der Wochenzeitung "Die Zeit" Vorbehalte. Stattdessen solle ein unabhängiger Experte aus der Wirtschaft Chef des Gremiums werden, hieß es.

Im Haushaltsausschuss des Bundestags wurde ebenfalls Kritik laut: "Dass eine Pfeife durch eine stellvertretende Pfeife im Aufsichtsrat ersetzt werden soll, erscheint in Anbetracht der prekären Lage wenig sinnvoll", zitierte die Tageszeitung "Die Welt" (Mittwoch) Vize-Ausschusschef Herbert Frankenhauser (CSU). Platzeck sei wie Wowereit von Anfang an in dem Kontrollgremium mit dabei gewesen. Auch FDP-Haushälter Otto Fricke wandte sich gegen den Brandenburger Regierungschef: "Auch Platzeck muss von dem Platz weg." Der Haushaltsausschuss dürfe nicht "nach jeder Verschiebung immer wieder Geld für dieses verkorkste Milliardenprojekt freigeben".

Flughafen-Chef soll gehen

Bei einer Sondersitzung des Aufsichtsrates am 16. Januar soll Flughafenchef Rainer Schwarz von seinen Aufgaben entbunden werden. Dies habe "oberste Priorität", sagte ein Sprecher von Bundesverkehrtminister Peter Ramsauer (CSU). Schwarz steht seit Monaten massiv in der Kritik, vor allem Wowereit aber hat ihn bislang gestützt.

 

(APA/AFP)


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