Wie New York der U-Bahn-Gewalt zu Leibe rückte

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York UBahnGewalt Leibe rueckte(c) Reuters (ANDREW BURTON)
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Mit einer Null-Toleranz-Strategie – auch gegen Bagatelldelikte – konnte in den Neunzigerjahren Bürgermeister Giuliani die Verbrechensrate deutlich senken. Auch die Metro ist sicherer geworden.

In der City Hall im Süden Manhattans, dem Bürgermeisteramt der Millionenmetropole New York, gab es zu Silvester 1996 Grund zum ordentlichen Feiern. Anlass war die neueste Sicherheitsstatistik, die Bürgermeister Rudy Giuliani vorgelegt wurde: Und diese sorgte für Freude, denn erstmals seit drei Jahrzehnten war die Mordrate auf unter 1000 gesunken. Sechs Jahre zuvor waren noch mehr als 2200 Menschen bei Gewaltverbrechen ums Leben gekommen.

Die New Yorker atmeten auf. Denn der Big Apple war in den Jahrzehnten davor faulig gewesen. Es gab Plünderungen, Raubüberfälle, heftige Fehden unter Drogenbanden mit täglichen Schießereien und Morden. Der Central Park war selbst tagsüber nicht sicher, genauso wie die völlig heruntergekommene U-Bahn, in der für Durchschnittsbürger die latente Gefahr bestand, in eine Schießerei zu geraten oder Opfer eines Überfalls zu werden.

Erst in den Achtzigerjahren wurde in neue Garnituren investiert, es gab verstärkte Patrouillen durch eine neue Bahnpolizei, dazu fuhren Mitglieder der Bürgerinitiative Guardian Angels Streife. Als 1993 der Republikaner Giuliani zum Bürgermeister der Stadt gewählt wurde, war die Lage zwar schon etwas besser geworden, aber von New Yorkern wurde man für verrückt erklärt, wenn man als Besucher abends die U-Bahn nahm und nicht das Taxi.

Giuliani startete mit seinem Amtsantritt auch die „Zero Tolerance“-Politik. Diese besagte, man müsse frühzeitig und mit viel Härte gegen die Kriminalität vorgehen und vor allem rigoros gegen Bagatelldelikte. Als Basis diente ihm die sogenannte Broken-Window-Theorie aus der Sozialwissenschaft. Diese geht davon aus, dass ein harmloses Phänomen wie ein zerbrochenes Fenster in einer leer stehenden Wohnung zur völligen Verwahrlosung führt, wenn es nicht sofort repariert wird.

Mithilfe des neuen Polizeichefs William Bratton (die korrupte alte Führung wurde entlassen) setzte der Bürgermeister diese Strategie durch. Lenny Alcivar, ein Berater Giulianis erklärte dies der „Presse“ damals so: „Kleinkriminalität wurde bisher toleriert, weil sich die Polizei auf die großen Verbrechen konzentrierte. Das war ein Fehler, den wir jetzt korrigieren. Und unsere Botschaft lautet: Ihr werdet nicht länger Menschen belästigen, indem ihr um Geld bettelt, ihr werdet nicht auf den Straßenecken Drogen verkaufen und ihr werdet nicht Graffiti sprayen.“

Jedes dieser Delikte – und viele mehr – erlaubte es von nun an der Polizei, den Delinquenten genau zu kontrollieren und im Computer nachzufragen. Angesichts der latenten Gefahr von Kontrollen zögerten viele Kriminelle, ihre Waffen mitzunehmen – was die Schießereien verringerte. Andere überlegten, ob es sich lohnte, wegen Kleinigkeiten kontrolliert zu werden und damit im Polizeicomputer zu landen.

In den U-Bahnen wurden kleine Vergehen wie Schwarzfahren, Betteln oder sogar Schulschwänzen verfolgt. Wer aggressiv bettelte oder Fahrgäste beschimpfte, konnte in Haft genommen werden. Die U-Bahn-Garnituren wurden von Graffitis gesäubert und neue Sprühversuche sofort verfolgt.

Der Erfolg gab Giuliani recht. Erkauft wurde er aber auch mit einem teuren Mehraufgebot an Polizisten und mit vielen Beschwerden über Übergriffe einer brutaler auftretenden Polizei.

Detail am Rande: Auch der derzeitige Stadtchef Michael Bloomberg konnte am vergangenen Silvestertag feiern. 2012 gab es in New York „nur“ 414 Morde – die bisher niedrigste Zahl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2013)

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