Dank sei der ÖVP für dieses Konzept!

Das Warten hat sich gelohnt: Der Wehrdienst soll eine Mischung aus Pfadfinderlager und AMS-Kurs werden.

Endlich ist das große Geheimnis gelüftet, die ÖVP hat am Dienstag ihr lange unter Verschluss gehaltenes Konzept für die Reform des Grundwehrdienstes vorgelegt. Und der Inhalt – das muss man neidlos anerkennen – ist an Innovationen kaum zu überbieten.

Vor allem eine Forderung (von immerhin zwölf) ist beinahe revolutionär: Die Koalition möge eine „Reformgruppe zur Neuausrichtung der Wehrpflicht“ einsetzen. Das ist vielleicht kein Reformvorschlag im klassischen Sinn, aber immerhin: Auf diese Idee muss eine Regierungspartei erst einmal kommen.

Neu ist auch die Erkenntnis, dass es zu viele Systemerhalter (Schreiberlinge, Chauffeure etc.) gibt, ergo muss ihre Zahl schleunigst reduziert werden. Die Stellung wiederum soll in einen „Talentecheck“ umgewandelt werden, denn das ist sie nun wirklich nie gewesen. Ihr einziger Zweck war es, pubertierenden Buben vom Land einen unbeaufsichtigten Ausflug in die Stadt zu ermöglichen.

Andere Punkte waren zwar immer schon Teil der Grundausbildung, können aber nicht oft genug erwähnt werden. Dass ein Soldat „umfassend in Erster Hilfe“ ausgebildet sein muss, zum Beispiel. Oder dass Sport zu machen und auf die Ernährung zu achten ist, weil sich Übergewicht im Ernstfall dann doch eher nachteilig auswirken könnte.

Wirklich nett gemeint ist, dass ein Rekrut nach der Grundausbildung zumindest „in groben Zügen über den Zeitplan seiner weiteren Tätigkeit“ informiert werden soll, um ihm „private Terminplanungen“ zu ermöglichen. Vielleicht will er ja nebenbei studieren. Oder hat einen Friseurtermin. Außerdem soll man sich gewisse Kurse im späteren Berufsleben anrechnen lassen können.

Behaupte noch einer, die ÖVP wäre nicht am Puls der Zeit: Der Wehrdienst von heute darf nicht mehr nur eine militärische Ausbildung im Sinne der Landesverteidigung sein, er muss eine Mischung aus Pfadfinderlager und AMS-Kurs werden. Während andere nur so tun, als hätten sie ein Konzept, legt die Volkspartei eines vor. Der Generalstab des Bundesheeres wird es ihr danken: Diesmal hat sich das Warten gelohnt.

E-Mails an: thomas.prior@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2013)

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