Schaumayer: Eine, die auszog, die Finanzwelt zu erobern

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Maria Schaumayer, Notenbankchefin und Kommunalpolitikerin, Managerin und Regierungsbeauftragte, ist 81-jährig in Wien gestorben. Sie war die erste Frau im Management der Männerbastion Creditanstalt.

Wien/Red. Sie war die erste Frau im Management der Männerbastion Creditanstalt und die erste Notenbankchefin der Welt. Sie hat die Wiener Kommunalpolitik mitgeprägt und die Finanzen des Großkonzerns OMV gemanagt. Die Republik verdankt ihrem Verhandlungsgeschick Abkommen mit sechs osteuropäischen Ländern und den USA in Sachen NS-Zwangsarbeiterentschädigung. Am Mittwoch ist Maria Schaumayer, die die Wirtschaftspolitik dieses Landes so entscheidend mitgeprägt hat, überraschend in Wien gestorben. Sie wurde 81 Jahre alt.

Mit 18 Jahren war die gebürtige Grazerin ausgezogen, um an der Hochschule für Welthandel (jetzt Wirtschaftsuniversität) Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Parallel dazu belegte sie Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck. Mit nur 23 Jahren hatte sie beide Studien abgeschlossen.

Danach folgte die „Banklehre“ bei der Creditanstalt. Eine nicht ganz einfache Angelegenheit für eine Frau in den Fünfzigerjahren: Gendern war noch unbekannt, der Titel, den die Wirtschaftsuniversität verlieh, lautete schlicht „Diplomkaufmann“, und die stockkonservative Bank am Wiener Schottenring hatte bis dahin noch keinen weiblichen Manager gesehen.

Schaumayer war die erste Frau, die dort eine Managementausbildung absolvieren durfte. Die Karriereleiter hatte für Frauen dort allerdings noch nicht allzu viele Sprossen. 1965 ließ sie sich karenzieren, um für die ÖVP in die Wiener Stadtpolitik zu gehen. Zuerst als amtsführende Stadträtin für städtische Unternehmen, danach für technische Angelegenheiten.

Zweite Wirtschaftskarriere

1974 dann die zweite, diesmal steile Wirtschaftskarriere: zuerst als Vorstandsmitglied der Kommunalkredit, dann, von 1982 bis 1989 als Finanzchefin des damals noch staatlichen Ölkonzerns OMV, wo sie sich als vehemente Verfechterin einer Privatisierung herausstellte.

Von 1990 bis 1995 dann der Höhepunkt: Präsidentin der Oesterreichischen Nationalbank. Noch dazu in einer spannenden Zeit, in der einerseits der EU-Beitritt vorbereitet wurde und der Euro am Horizont Konturen anzunehmen begann. Und in der die Nationalbank zunehmend ins politische Schussfeld Jörg Haiders geriet.

Nach dem Rückzug aus der Notenbank schlug Schaumayer das Angebot, als ÖVP-Kandidatin eine Bundespräsidentenwahl zu schlagen, aus. Ihre große politische Stunde schlug im Jahr 2000, als sie die Entschädigungsverhandlungen für 150.000 NS-Zwangsarbeiter übertragen bekam. Die daraus resultierenden bilateralen Abkommen mit sechs osteuropäischen Ländern und den USA brachten Österreich Rechtssicherheit – und der erfolgreichen Chefverhandlerin hohe Auszeichnungen.

Zuletzt wurde es still um die Grande Dame der österreichischen Wirtschaftspolitik, deren Markenzeichen – überdimensionierte Handtaschen und die unvermeidliche Zigarette – in der Finanz-Community legendär geworden waren: Sie hatte sich aus dem öffentlichen Leben völlig zurückgezogen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2013)

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