Keine sichere deutsche Bank: Jobs eingespart

(c) REUTERS (INA FASSBENDER)
  • Drucken

Die Commerzbank kündigt an, bis zu 6000 Stellen zu streichen. Kein Einzelfall: Viele Kreditinstitute in Deutschland bauen massiv Stellen ab. Onlinebanking hat das Privatkundengeschäft verändert.

Berlin. Vorbei die schöne Zeit, als Bankangestellter in Deutschland ein sehr begehrter Beruf war. Im Management oder als smarter Finanzjongleur konnte man prächtig verdienen, am Schalter in der Filiale hatte man einen sicheren Arbeitsplatz. Angesehen und wohlgelitten war man allemal. Entsprechend stürmten Schulabsolventen die Ausbildungsplätze. Heute werden die Lehrstellen zu Leerstellen: Fast ein Viertel der erwarteten Bewerber blieb im vergangenen Jahr aus.

Die jungen Leute wissen, warum: Durch die Finanzkrise hat das Image der Banker überall schlimm gelitten. Zu den Anfeindungen kommen Jobängste: Zwar blieb das große Köpferollen, das die Londoner City und die Wall Street traf, in Deutschland vorerst aus. Doch schon im Laufe des letzten Jahrzehnts fielen peu à peu über hunderttausend Stellen weg, die Belegschaften reduzierten sich um 15 Prozent.

15 Prozent weniger Arbeitsplätze

Das Tempo des Abbaus dürfte sich nun beschleunigen. In der vergangenen Woche kamen die Meldungen Schlag auf Schlag: Die Commerzbank kündigte an, bis zu 6000 Stellen (zehn Prozent) zu streichen. Rasch sickerte durch, dass auch bei der Hypo Vereinsbank 1000 Posten (fünf Prozent) wegfallen sollen. Bei der Deutschen Bank droht weltweit 2500 von 100.000 Angestellten das Aus. Und die Allianz Versicherung sperrt ihre Banktochter mit immerhin 450 Mitarbeitern gleich ganz zu.

Dass sich die schlechten Nachrichten häufen, ist kein Zufall: Die Institute erstellen gerade ihre Bilanzen für 2012 und wollen Restrukturierungskosten schon jetzt geltend machen. Bei dem Kahlschlag geht es meist nur indirekt um das in Verruf gekommene Investmentgeschäft, das außer bei der Deutschen Bank keine wirklich relevante Rolle spielt. Vielmehr steigt der Kostendruck gerade im klassischen Bereich der Privatkunden, beim einfachen Berater in der Filiale.

Ein Hauptgrund: Die meisten Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte mittlerweile zu Hause am Computer. Viele wechseln zu reinen Onlinebanken, die mangels Personal günstigere Konditionen bieten. Nur ältere Semester bevorzugen noch den persönlichen Kontakt am Schalter.

Zudem raufen sich die Banken um den „Dienst an der Realwirtschaft“, den die Öffentlichkeit fordert. Kredite für mittelständische Unternehmen waren früher eine Domäne der Sparkassen, Raiffeisen- und Volksbanken, die ihre Belegschaften damit bisher stabil halten konnten. Immer mehr aber drängen sich auch die Großen in dieses Geschäft, was die Erträge für alle drückt. Dazu kommen historisch niedrige Zinsen: Die Girokonten bleiben zwar praktisch unverzinst, die Kundeneinlagen können aber auch nicht mehr renditebringend veranlagt werden.

Und dann die Finanzkrise. Sie wirft, je weiter sie zurückliegt, umso längere Schatten. Die Regulierungsbehörden haben den Banken eine höhere Eigenkapitalausstattung verordnet. Aber der von Staat und Gesellschaft verlangte Kapitalpuffer hat seinen Preis: Die Finanzinstitute müssen sparen, um die Vorgaben zu erfüllen – auch beim Personal.

Ihren Tribut fordert auch die Eurokrise: Viele Banken müssen ihre südeuropäischen Staatsanleihen kräftig abschreiben, was auf die Erträge drückt und den Sparzwang erhöht.

Entwicklung trifft auch Österreich

Diese Diagnose müsste ähnlich auch für österreichische Banken gelten. Doch die Institute halten sich bedeckt. Ob auch hierzulande Kündigungswellen bevorstehen, bleibt vorerst offen. Die Erfahrung zeigt freilich, dass sich Entwicklungen beim großen Nachbarn auch in Österreich durchschlagen – und sei es mit einem halben Jahr Verzögerung.

Auf einen Blick

Commerzbank, Hypo Vereinsbank, Deutsche Bank: Allein diese drei Institute kündigten in den vergangenen Tagen an, etwa 10.000 Arbeitsplätze zu streichen. Der personelle Kahlschlag zieht sich in Deutschland durch alle Kreditinstitute und wird wohl mit Zeitverzögerung auch auf die österreichischen Institute zukommen. Grund dafür sei jedoch weniger die Finanzkrise als vielmehr das Onlinebanking. Viele Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte vom Computer aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

International

Konzernumbau: Deutsche Bank mit Milliardenverlust

Die hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten und für einen umfassenden Konzernumbau drücken das Quartalsergebnis der Deutsche Bank. Die Börse in Frankfurt reagiert freilich mit Kursgewinnen.
Steuerbetrug Deutsche Bank unter
International

Steuerbetrug: Deutsche Bank unter Druck

Daten sollen vernichtet, bei Politikern soll interveniert worden sein. Auch Co-Chef Fitschen kommt in die Kritik.
International

Deutsche Bank unterliegt im Kirch-Prozess

Das Institut muss den Erben des Medienunternehmers Leo Kirch Schadenersatz zahlen. Wie viel die Bank zahlen muss, soll in einem Gutachten festgestellt werden. Eine Revision ist nicht möglich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.