Die mühsame Jagd nach den islamistischen Rebellen will Paris den westafrikanischen Truppen überlassen. In zurückeroberten Timbuktu wird geplündert.
Wien/Timbuktu/Ag/Red. Fernseher, Antennen, Lebensmittel, Haushaltsgüter: Die Menschen trugen davon, was sie in die Finger bekamen. Zwei Tage nach der Eroberung von Timbuktu durch malische Truppen macht sich in der Wüstenstadt Chaos breit. Am Dienstag kam es zu zahlreichen Plünderungen von Geschäften arabischer Händler, denen Komplizenschaft mit den vertriebenen Islamisten vor geworfen wird.
Stadt um Stadt erobern die einheimischen und französischen Truppen den Norden Malis zurück: „Wir sind dabei, die Schlacht zu gewinnen“, gab sich Frankreichs Präsident François Hollande gut zwei Wochen nach Beginn der bisher erfolgreichen Militärintervention in der Ex-Kolonie optimistisch – und machte deutlich, dass er die Truppen raschest möglich wieder abziehen will: „Frankreich wurde nicht gerufen, um in Mali zu bleiben.“
Die Aufgabe, den weitläufigen Norden zu durchkämmen und die Rebellen in ihren Verstecken aufzuspüren, sollen die 7700 Soldaten der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas übernehmen: „Sie werden in den Norden gehen, was die schwierigste Aufgabe ist, denn dort verstecken sich die Terroristen.“ Zwei der wichtigsten lokalen Islamisten-Führer, Iyad Ag Ghaly und der Algerier Abu Zeid, sollen sich in den Bergen um Kidal verschanzen.
Auch diese Stadt ist nicht mehr in der Hand von Ag Ghalys Kämpfern. Allerdings ist den Franzosen und der malischen Armee jemand zuvorgekommen: Eine Koalition aus den plötzlich wieder aufgetauchten Tuareg-Rebellen der MNLA und einer Abspaltung von Ghalys Ansar al-Dine übernahm dort die Kontrolle. Für die Armee und ihre französischen Helfer eine delikate Situation. Denn es war ja die separatistische MNLA-Rebellion vor einem Jahr, die den Islamisten erst ihren Siegeszug ermöglicht hatte. Mit der Einnahme von Kidal haben sich die Tuareg nun ein Faustpfand für spätere Verhandlungen gesichert.
Wer ihnen dereinst in Bamako als Verhandlungspartner gegenübersitzen wird, steht in den Sternen. Übergangspräsident Dioncounda Traoré, der nach einem Putsch im vergangenen Frühjahr eingesetzt worden war, regte nun Wahlen bis Ende Juli an.
Terrorgefahr für Deutschland
Die deutschen Sicherheitsbehörden gehen wegen der Mali-Intervention von einer erhöhten Terrorgefahr gegen deutsche Einrichtungen im In- und Ausland aus. Dies berichtet „Bild“ unter Berufung auf ein Geheimpapier. Die Bundeswehr leistet in Mali mit zwei Transportflugzeugen logistische Hilfe. Besonders im Fokus seien rund 50 Personen, die eine Ausbildung in islamistischen Terrorlagern – etwa in Libyen oder Somalia, aber auch in Mali – erhalten haben und nach Deutschland zurückgekehrt sind.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2013)