Entschärftes Pensionskonto kommt 2014

(c) Clemens Fabry
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Junge Menschen trifft die Änderung wie alle ab Jahrgang 1955. Die Regierung hat die Verluste jedoch begrenzt. Das Kontomodell von Experten brächte laut Sozialministerium hingegen bis zu 35 Prozent weniger Pension.

Zigtausende Österreicher erhalten dieser Tage Post von ihrer Pensionsversicherungsanstalt. Inhalt ist ein Auszug ihrer bisher gesammelten Zeiten in der Pensionsversicherung und die Bitte, diese Daten zu ergänzen. Der Anlass ist die Umstellung von 5,2 Millionen Versicherten auf ein sogenanntes Pensionskonto ab Anfang 2014.

Das hat Folgen für jeden Einzelnen, die Koalition hat jedoch eine Entschärfung eingezogen, sodass es im Einzelfall weder einschneidende Verluste noch große Gewinne gegenüber der neuen Berechnung künftiger Pensionen gibt. Eine Gruppe namhafter Experten hat im September 2012 eine radikalere Reform mit einem Pensionskonto vorgeschlagen. Dieses brächte nach Berechnungen des Sozialministeriums meist viel stärkere Einbußen, weil vor allem die steigende Lebenserwartung einbezogen wird.

1. Warum erfolgt nun überhaupt die Umstellung auf ein Pensionskonto?

Die Berechnung der Pensionen erfolgt derzeit nach einem selbst für Fachleute kaum mehr verständlichen System. Es handelt sich dabei vereinfacht um eine Mischung aus „altem“ System vor 2005 und neuem einheitlichem Modell („Pensionskonto“) für die Zeit ab 2005. Das Pensionskonto soll für den einzelnen Versicherten die Berechnung transparenter machen.

2. Für wen gilt nun diese Umstellung auf das Pensionskonto ab 2014?

Betroffen sind alle Versicherten im ASVG (das ist der weitaus größte Teil), für die gewerbliche Wirtschaft sowie Bauern, die ab 1. Jänner 1955 und später geboren wurden. Bundesbeamte sind ab dem Jahrgang 1976 voll betroffen.

3. Wie wirkt sich diese Neuerung für die einzelnen Versicherten aus?

Die Versicherten werden nun informiert, weil die Daten für die „Kontoerstgutschrift“ (= alle bisherigen Versicherungszeiten) auf dem Pensionskonto ab 2014 gesammelt werden. Daraus ergibt sich in den meisten Fällen eine andere Pensionshöhe als nach der bisherigen Berechnungsmethode. Um die Änderung politisch durchzubringen, hat die Regierung Verluste wie auch Gewinne im Einzelfall mit 1,5 bis 3,5 Prozent limitiert.

4. Was wäre das Ziel des von rund 50 Personen unterstützten Pensionskontomodells der Experten?

Es soll die Pensionsfinanzierung sichern und Transparenz bringen. Dieses Pensionskontomodell orientiert sich am schwedischen Vorbild. Auf dem Konto werden die Pensionsversicherungszeiten während eines Berufslebens verbucht, der jeweilige Betrag wird verzinst.

5. Warum sind Sozialminister Hundstorfer und SPÖ- wie ÖVP-Senioren so strikt gegen diese Variante?

Eine Antwort liefern die nun der „Presse“ vorliegenden Berechnungen des Sozialressorts. Deren Kernpunkt: Eine Umstellung auf das Pensionskontomodell der Expertengruppe würde zu „erheblichen Pensionskürzungen“ im Vergleich zur jetzigen Berechnung führen. Bei gleichen Voraussetzungen wäre künftig die Pension um bis zu 35 Prozent, also um gut ein Drittel, niedriger.

6. Was ist der Grund für den massiven Unterschied zwischen den beiden Pensionskontomodellen?

Das Expertenmodell für ein Pensionskonto bezieht auch die – deutlich steigende – Lebenserwartung, konkret die jeweilige Restlebenserwartung ab dem Zeitpunkt des Pensionsantritts, mit ein. Dieser Punkt ist nach der Bewertung des Sozialressorts der Hauptunterschied. Damit werde das „Risiko“ der steigenden Lebenserwartung „allein auf den Leistungsbezieher“ abgewälzt, wird in den Unterlagen des Ministeriums festgehalten. Betroffene finanzieren also die längere Bezugsdauer durch niedrigere Pensionen. Die Expertengruppe selbst nennt noch einen anderen Kernpunkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2013)

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