Kredite: Raus aus dem Schweizer Franken?

Kredite Raus Schweizer Franken
Kredite Raus Schweizer Franken(c) (Erwin Wodicka)
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Mit den Franken-Darlehen kam es schlimmer, als es die vielen "Häuselbauer" je befürchtet hätten. Die Banken raten zum Umstieg vom Franken in den Euro. Die Kreditnehmer sitzen in der Zwickmühle.

Wien/Ker. Die nächste Hiobsbotschaft für Franken-Kreditnehmer: Der Schweizer Franken wird langfristig stark bleiben, sagen die Experten der Banken. Das würde bedeuten, dass die vielen heimischen Hausbauer mit ihrer Fremdwährungsfinanzierung noch lange unter Wasser stehen werden.

Eine kurze Rückblende: Seit der Finanzkrise stürzte der Euro zum Franken extrem ab und erholte sich seither nicht mehr wirklich. Derzeit notiert der Euro bei nur mehr knapp 1,24Franken. Durch diesen Kursabfall stieg die Kreditschuld der Franken-Darlehen in den vergangenen Jahren stark an. Dennoch gab es für die Franken-Schuldner bisher Hoffnung.

„Fairer Wert“ viel höher?

Die Experten führten den starken Franken stets auf die Verwerfungen an den Finanzmärkten zurück. Den „fairen Wert“ des Euro (also jenen, der realwirtschaftlich gerechtfertigt wäre) setzten sie bisher vielfach bei 1,4 bis 1,45Franken an. Aber: Nun tendieren sie auch hier nach unten. Marco Curti, Vorstand der Zürcher Kantonalbank, sieht den fairen Wert des Euro derzeit bei 1,25 Franken. Bei den Raiffeisen-Bankern ist die Rede von 1,32Franken. Kurzum: Der Schweizer Franken werde stark bleiben – auch unter realwirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Was bedeutet diese neue Nachricht für Franken-Kreditnehmer nun? Jene, die im Jänner 2000 ein Franken-Darlehen (zum Kurs von 1,6) im Gegenwert von 200.000 Euro aufgenommen haben, stehen derzeit ordentlich in der Kreide. Die Kreditschuld macht aktuell nicht mehr 200.000 Euro aus, sondern rund 259.000 Euro. Das macht einen (Buch-)Kursverlust von 59.000Euro. In der Zwischenzeit hat der Kreditnehmer im Vergleich zu einer Euro-Finanzierung deutlich weniger Zinsen bezahlt. Die Zinsersparnis betrug 32.000 Euro.

Mit 27.000 Euro unter Wasser

Unter dem Strich steht der Franken-Schuldner also mit 27.000 Euro unter Wasser. Steigt der Euro künftig auf den „fairen Wert“ von 1,25Franken an, mindert das den Kursverlust nur marginal. Dann macht er eben nicht mehr 59.000 Euro aus, sondern 56.000 Euro. Ein wenig besser sieht die Situation für jene aus, die sich erst Anfang 2003 im Franken verschuldet haben. Damals lag der Kurs etwas günstiger. Daher liegt der Kursverlust bei „nur“ 34.500 Euro. Die Zinsersparnis macht hier bisher 28.500Euro aus. Das ergibt einen aktuellen Verlust von 6000 Euro.

Bleibt nun die große Frage: Was sollen die geplagten Franken-Kreditnehmer tun? Sich von den Bankexperten wirklich beeindrucken lassen? Schließlich waren es ja auch sie, die es vor einigen Jahren nicht für möglich hielten, dass der Franken jemals so stark werden würde. Damals brachten die Banken nämlich noch fleißig die Franken-Kredite unter die heimischen Hausbauer.

Mittlerweile hat sich die Situation verändert. Die Kreditinstitute haben ein intensives Interesse, die Schuldner vom Franken- in den Euro-Kredit zu locken. Die Banken müssen nämlich für die aushaftenden Franken-Darlehen infolge des Euro-Abfalls viel Kapital hinterlegen. Das ist teuer. Wenn der Franken-Schuldner jetzt tatsächlich in den Euro konvertiert, realisiert er allerdings die Kursverluste unwiderruflich. Wenn der Franken-Kredit Anfang 2000 aufgenommen wurde, beträgt der reale Verlust also 27.000Euro (Kursverlust minus Zinsersparnis). Das ist alles andere als angenehm.

Bleibt der Kunde jedoch im Franken, hat er die Chance, dass sich der Kurs günstiger entwickelt. Will er komplett ohne Verlust aussteigen, müsste der Euro kräftig ansteigen. Und zwar auf knapp 1,38Franken; erst ab da steigt der Kunde „pari“ aus. Auf einen Zinsvorteil im Franken darf er aktuell ja nicht setzen, den gibt es nicht mehr. Die Euro-Zinsen sind durch die EZB-Politik extrem zurückgegangen. Der Euro-Referenzzinssatz Euribor (drei Monate) liegt bei 0,23Prozent. Der Franken-Zinssatz Libor notiert bei 0,022Prozent. Bei einem 200.000-Euro-Kredit erspart man sich im Franken gerade einmal 35Euro monatlich (bei einer Kreditmarge von 1,5Prozent). Das ist nicht viel.

Auf einen schwächer werdenden Franken zu spekulieren, ist allerdings gewagt. Noch können sich die Franken-Schuldner auf die Schweizer Nationalbank (SNB) verlassen. Die beteuert, dass sie einen Mindestkurs von 1,2Franken je Euro verteidigen will. Dazu muss die SNB fleißig Euros aufkaufen. Das wiederum hat die Bilanz der Nationalbank extrem aufgebläht. Wenn dieses Geld in die reale Wirtschaft gelangt, drohen den Schweizern hohe Inflationsraten. Dann ist fraglich, ob die SNB den Euro weiterhin stützen kann. Wenn nicht, droht ein abermaliger Euro-Einbruch.

Märkte schwer berechenbar

Ein Schreckensszenario: Der Euro fällt auf 0,8Franken ab. Dann würde die Kreditschuld des Franken-Kredits nicht mehr 200.000Euro ausmachen, wie im Jahr 2000, sondern 400.000Euro. Ein solches Szenario sei völlig absurd und undenkbar, würden jetzt viele Finanzdienstleister einwerfen. Dass der Euro heute bei 1,2 Franken notiert, haben sie vor sechs Jahren auch für absolut unmöglich gehalten. Und dass sich die Finanzmärkte wenig um „faire Werte“ scheren, wurde in den vergangenen Jahren auch deutlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2013)

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