Zwei Wege zur Einbürgerung im Expressverfahren

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Neues Staatsbürgerschaftsrecht: SPÖ und ÖVP einigten sich in wichtigen Details. Wer nach sechs Jahren Österreicher werden will, muss sehr gut Deutsch können oder sich gemeinnützig engagieren.

Wien. Es wird ernst mit dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht: SPÖ und ÖVP einigten sich nun in wichtigen Details. So kann man die Staatsbürgerschaft künftig unter bestimmten Voraussetzungen schneller erhalten. Und uneheliche Kinder können leichter Österreicher werden. „Die Presse“ hat die wichtigsten Details zum Regierungsplan, die per 1.Juni Gesetz werden sollen.

1 Wie rasch kann man österreichischer Bürger werden?

Künftig ist die Einbürgerung bereits nach sechs Jahren (und nicht erst nach zehn Jahren) in Österreich möglich. Allerdings muss man bestimmte Voraussetzungen dafür erfüllen, konkret gibt es zwei Wege.

2 Welche Varianten gibt es, um nach sechs Jahren im Land Staatsbürger zu werden?

ÖVP-Staatssekretär Sebastian Kurz forderte für die rasche Einbürgerung drei Voraussetzungen: 1. einen „hinreichend gesicherten Lebensunterhalt“, 2. ein dreijähriges ehrenamtliches Engagement oder aber einen Beruf im Sozialbereich und 3. Deutschkenntnise auf B2-Niveau (Maturaniveau erste lebende Fremdsprache). Bei den Sprachkenntnissen spießte es sich aber. Denn SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer wollte, dass bloß B1-Kenntnisse (Mittelschulniveau, erste lebende Fremdsprache) nötig sind. Schließlich würden auch für die Einbürgerung nach zehn Jahren B1-Kenntnisse reichen, da könne man nach sechs Jahren nicht mehr fordern.

Der politische Kompromiss sieht nun so aus, dass man für eine Einbürgerung nach sechs Jahren entweder Sprachkenntnisse auf Maturaniveau oder eine dreijährige Freiwilligenarbeit (bzw. einen einschlägigen Beruf) vorweisen können muss. In der zweiten Variante sind nur mehr Sprachkenntnisse auf Mittelschulniveau nötig. Bei beiden Varianten bleibt der gesicherte Lebensunterhalt zwingende Voraussetzung für eine Einbürgerung.

3 Was versteht man unter „gemeinnützigem Engagieren“ bzw. welche Berufe fallen unter die Regelung?

Es gibt drei Varianten. Erstens: ein Ehrenamt bei „einer gemeinnützigen Organisation“. Darunter fallen klassisch Feuerwehr, Rotes Kreuz oder Samariter. Darüber hinaus sind laut Auskunft des Kurz-Büros Vereine umfasst, die die Integration in die österreichische Gesellschaft fördern und „keine Segregationselemente“ aufweisen. Ein Blasmusikverein wäre folglich eine Option, ein türkischer Kulturverein eher nicht. Ebenfalls möglich ist Variante zwei, ein Ehrenamt in einem nicht gesetzlichen Interessenverband (Elternvertretung, Betriebsrat). Details zum nötigen zeitlichen Ausmaß des ehrenamtlichen Engagements (ob einmal pro Woche, pro Monat etc.) fehlen noch. Die dritte Möglichkeit ist ein Beruf im Bildungs-, Sozial- oder Gesundheitsbereich. Diese Lösung kommt der SPÖ entgegen, die kritisiert hat, dass man Menschen, die in einem Pflegeberuf arbeiten, nicht zumuten kann, in ihrer Freizeit eine ähnliche Tätigkeit zu verrichten.

4 Was ist ein hinreichend gesicherter Lebensunterhalt?

Gefordert werden knapp unter tausend Euro pro Person und Monat (wenn Kinder da sind, etwas mehr). Regelmäßige Aufwendungen wie Miete, Kredit sind bereits abgezogen. Karenz wird akzeptiert, Arbeitslosigkeit nicht.

5 Was muss man aufweisen, um nach zehn Jahren die Staatsbürgerschaft zu erhalten?

Nötig sind Unbescholtenheit, Selbsterhaltungsfähigkeit (in einem Zeitraum von mindestens drei Jahren 1000 Euro pro Monat), deutsche Sprachkenntnis auf Mittelschulniveau und die erfolgreiche Absolvierung des Staatsbürgerschaftstests. Nach 30 Jahren ununterbrochenem Hauptwohnsitz (bei gut Integrierten ab 15 Jahren) gibt es einen Rechtsanspruch auf die Staatsbürgerschaft, auch wenn man nur die Mindesterfordernisse (Unbescholtenheit, minimale Deutschkenntnisse) erfüllt.

6 Gibt es Ausnahmen für Behinderte oder kranke Menschen?

Ja. Wer wegen etwa einer Behinderung körperlich nicht in der Lage ist, eine Sprache zu lernen oder für seinen Unterhalt zu sorgen, kann trotzdem nach zehn Jahren die Staatsbürgerschaft erhalten.

7 Welche Erleichterungen gibt es für uneheliche Kinder?

Bisher gab es für uneheliche Kinder nur einen österreichischen Pass, wenn die Mutter Österreicherin ist. Der Vater spielte (im Gegensatz zu ehelichen Kindern) keine Rolle für die Staatsbürgerschaft. Nach der erfolgreichen Klage eines Paares vor dem Verfassungsgerichtshof muss nun die Diskriminierung lediger Kinder bis spätestens Jahresende abgeschafft werden. Künftig wird es auch bei ledigen Kindern reichen, wenn der Vater Österreicher ist. Die ÖVP wollte, dass die Vaterschaft per DNA-Test festgestellt werden muss. Nach Einwänden der SPÖ soll ein Vaterschaftsanerkenntnis reichen. Zudem kommen Kinder, die vor der Novelle geboren wurden, in den Genuss der neuen Regeln, sofern sie noch nicht 14 Jahre alt sind.

8 Was ändert sich noch im Staatsbürgerschaftsrecht?

Wurde jemand fälschlich als Österreicher behandelt (etwa zum Wehrdienst einberufen), wird ihm rückwirkend die Staatsbürgerschaft zuerkannt („Putativösterreicher“). Ändern könnte sich auch etwas bei der beschleunigten Einbürgerung von Sportlern oder Künstlern. Hier wird ein Kriterienkatalog erarbeitet. Für das Integrationsstaatssekretariat ist durchaus vorstellbar, dass auch Prominente Deutsch können müssen.

Zudem kommt im Frühjahr ein neuer Staatsbürgerschaftstest, den die Anwärter absolvieren müssen. Der Test soll mehr auf Werte als auf historische Fakten abstellen. Der Katalog der „österreichischen Werte“ wird von einem Expertenrat erarbeitet und in der „Rot-Weiß-Rot-Fibel“ erklärt.

Auf einen Blick

Nach sechs Jahren in Österreich soll man künftig bereits die Staatsbürgerschaft erhalten. Dafür muss man aber entweder sehr gut Deutsch können (Maturaniveau) oder aber sich im Bildungs-, Sozial- oder Gesundheitsbereich engagiert haben. Anerkannt wird aber nicht nur ehrenamtliches Engagement in diesem Bereich, sondern auch eine hauptberufliche Tätigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2013)

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