Ahmadinejad in Kairo: Versuch einer neuen Beziehung

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Erstmals seit Sturz des Schahs 1979 besuchte ein iranischer Staatschef das Land am Nil. Er wolle die Basis legen für eine engere Zusammenarbeit beider Staaten, erklärte Ahmadinejad.

Kairo. Drei Jahrzehnte lang war das Verhältnis der beiden Rivalen Iran und Ägypten erstarrt. Seit einigen Monaten kommt nun Bewegung in die eingerostete Diplomatie. Von Gipfel zu Gipfel nähern sich beide Länder einander an – in kleinen, tastenden Schritten, argwöhnisch beobachtet von der westlichen und arabischen Welt. Der vorläufige Höhepunkt ist die erste Reise eines iranischen Präsidenten nach Ägypten seit 1979, die gestern, Dienstag, begonnen hat.

Im August vergangenen Jahres reiste Mohammed Mursi als erster ägyptischer Staatschef seit dem Sturz des Schahs nach Teheran zum Gipfel der Blockfreien. Am Dienstag betrat mit Mahmoud Ahmadinejad dann erstmals ein Präsident der Islamischen Republik Iran ägyptischen Boden – als Teilnehmer des zweitägigen Gipfels der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Kairo.

Er wolle die Basis legen für eine engere Zusammenarbeit beider Staaten, erklärte Ahmadinejad, der auf dem Flughafen von Mursi empfangen wurde. Anschließend redeten beide knapp zwanzig Minuten hinter verschlossenen Türen. Man habe sich darüber ausgetauscht, wie das Blutvergießen in Syrien ohne militärische Intervention beendet werden könne, meldete wortkarg die staatliche Nachrichtenagentur Mena. Denn das Thema Syrien entzweit Kairo und Teheran zutiefst und könnte alle zaghaften Annäherungen rasch wieder zunichtemachen. Der Iran zählt zu den engsten Verbündeten des syrischen Regimes.

Vergangenen August hatte Mursi auf dem Blockfreien-Gipfel in Teheran die iranischen Gastgeber offen brüskiert, indem er den Aufstand gegen Syriens Präsidenten Bashar al-Assad als „Revolution gegen ein unterdrückerisches Regime“ bezeichnete. Die Solidarität „mit dem Kampf des syrischen Volkes“ sei eine moralische Pflicht, erklärte das damals frisch gewählte ägyptische Staatsoberhaupt. Später versuchte Mursi dann, das diplomatische Porzellan etwas zu kitten und schlug eine regionale Syrien-Initiative vor, an der neben der Türkei, Saudiarabien und Ägypten auch der Iran teilnehmen solle. Iran sei „unentbehrlich“ für die Lösung des Konflikts, erklärte er.

Frieden mit Israel als „Verrat“

Seit 34 Jahren unterhalten Kairo und Teheran keine diplomatischen Beziehungen mehr, obwohl sie die bevölkerungsreichsten Nationen der Region sind. Weder gibt es Direktflüge zwischen den Hauptstädten, noch direkte Telefonverbindungen. Jedes Gespräch muss über das Amt angemeldet werden. Dabei waren die beiden Völker einst sogar dynastisch verbunden durch die Heirat von Fawzeya, der Schwester des letzten ägyptischen Königs Faruk I., mit dem späteren persischen Schah Mohammad Reza Pahlavi. Nach der iranischen Revolution 1979 gewährte Ägypten dem gestürzten Schah Asyl, heute liegt er neben König Faruk in einer Moschee im Zentrum Kairos begraben. Auch den Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel wertete Irans Revolutionsregime als Verrat und benannte eine Straße in Teheran nach dem Mörder von Ägyptens Ex-Präsidenten Anwar as-Sadat.

Von der vorsichtigen Entspannung versprechen sich nun beide Regierungen Vorteile: Ägypten hofft auf iranische Investitionen, der Iran auf Beistand im Kampf gegen seine internationale Isolierung. Zugleich aber fürchtet Ägyptens Führung, der Iran könne sich wie im Libanon und im Irak künftig auch am Nil in innere Angelegenheiten einmischen und die kleine schiitische Minderheit anstacheln, mehr Rechte zu fordern.

Ägyptens „rote Linie“

Zudem braucht Kairo dringend Milliardenhilfen aus Saudiarabien und den übrigen sunnitisch-arabischen Ölstaaten, die Mursis Avancen gegenüber der schiitisch-iranischen Atommacht mit Argwohn verfolgen. Und so ließ Mursi seinen Außenminister erklären, man werde die Beziehungen zum Iran nicht verbessern „auf Kosten der Sicherheit der Golfstaaten“. Dies sei für Ägypten „eine rote Linie“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2013)

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