USA: Obamas Freibrief für gezielte Tötungen

(c) Dapd (US Airforce)
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Ein Gutachten des rechtfertigt Attacken auf US-Bürger. Der Nachrichtensender NBC veröffentlichte am Dienstag das Rechtsgutachten des US-Justizministeriums hierzu.

Washington. US-Präsident Barack Obama ist zwei Tage vor der Anhörung seines designierten CIA-Chefs John Brennan mit unangenehmen Fragen über seinen Krieg gegen die Terrororganisation al-Qaida konfrontiert.

Der Nachrichtensender NBC veröffentlichte am Dienstag jenes Rechtsgutachten des US-Justizministeriums, das die gezielte Tötung von terrorverdächtigen Amerikanern im Jemen, in Pakistan und in Somalia rechtfertigt. Justizminister Eric Holder hatte dieses Papier im Juni 2010 verfassen lassen, um der CIA beziehungsweise den Streitkräften einen Freibrief für die gezielte Tötung des al-Qaida-Terroristen Anwar al-Awlaki auszustellen. Der 1971 in New Mexico geborene Extremist wurde am 30. September 2011 im Jemen von einer Drohne mit einer Rakete getötet. Bei diesem Angriff starb auch ein zweiter Extremist mit US-Pass, der gebürtige Pakistaner Samir Khan. Einen Monat später kam al-Awlakis 16-jähriger, im US-Bundesstaat Colorado geborener Sohn Abdulrahman bei einem weiteren Drohnenangriff im Jemen ums Leben.

Kritik an Auswahl der Ziele

Das 16-seitige Gutachten war so geheim, dass die amerikanische Regierung nicht einmal seine Existenz bestätigen wollte. Der Grund für diese Geheimhaltung erschließt sich nach seiner Lektüre nicht. Vielmehr handelt es sich um die geläufigen völker- und verfassungsrechtlichen Erwägungen zur Tötung von feindlichen Kämpfern in und abseits von Kampfzonen und den Verfahrensrechten von US-Bürgern, die zu einem dreifachen Schluss kommt: Die amerikanische Regierung darf einen ihrer eigenen Bürger gezielt töten, wenn erstens von ihm eine unmittelbar bevorstehende Bedrohung eines Angriffs auf die USA ausgeht, zweitens seine Gefangennahme undurchführbar ist und dies drittens mit den internationalen Grundsätzen der Kriegsführung vereinbar ist. „Die US-Staatsbürgerschaft eines al-Qaida-Führers gibt ihm keine verfassungsmäßige Immunität gegen Angriffe“, heißt es an einer Stelle.

Die Veröffentlichung dieses Papiers ist für Obama deshalb unangenehm, weil es genau jene Fragen offenlässt, die zu besonders vehementer Kritik am Drohnenkrieg führen. Denn viele der seit dem Jahr 2002 laut internationalen Organisationen erfassten mindestens 3430 Drohnenopfern kamen nicht auf Basis konkreter geheimdienstlicher Kenntnisse ins Visier der CIA, sondern bloß aufgrund ihrer aus der Ferne beobachteten Bewegungsmuster. Diese sogenannten „Signature Strikes“ wurden im Jahr 2008 von Obamas Vorgänger George W. Bush genehmigt. Brennan, der bisher Obamas Sicherheitsberater war und am Donnerstag im Senat angehört wird, hat diese Form der Kriegsführung stark vorangetrieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2013)

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