Nächste Sexismusdebatte rollt bereits an: Ostereierfärben!

Ist Ostereierfärben eine Zelebration des Testikelkults, gefolgt vom brünstigen Imponiergehabe des Eierpeckens?

Hab ich was Falsches gesagt? Irgendwo hingegriffen, wovon ich meine Finger hätte lassen sollen? Habe ich mich unschicklich an einer Stelle freigemacht, an der ich besser meinen knöchellangen Vollgummiregenmantel zugeschnürt hätte? Solche Sorgen plagen mich neuerdings bis tief hinein ins Notbett meines begehbaren Medikamentenschranks, wo ich – mit heißem Bemühn – an meiner Entgeschlechtlichung durch die mehrwegige Applikation einer Titanpackung Testosteropax-Pronto-Zäpfchen arbeite.

Aber ach, sogar den Mond im Baby-TV, der am Bildschirm meines Notfernsehers über meinem Letzte-Hilfe-Kästchen an mir vorüberzieht, habe ich im Verdacht, verdächtig zu sein. Grinst er, das deutsche Mannsgestirn („Guter Mond, du gehst so stille durch die Abendwolken hin“, man kennt es, dieses harmlose Getue...), mich etwa konspirativ an, während ein kleines, unschuldiges Wölkchen vor seinem wulstlippigen Mund hin und her segelt? Ist das, denk ich mir, nicht eindeutig zweideutig?

Ich bemühe mich daher heiß, an überhaupt gar nichts zu denken außer an geschlechtslos weiße Flecken auf geschlechtslos weißem Grund, sprühen doch alle Massenmedien in allen Farben bei der Zurschaustellung weiblicher Nackt- und Lüsternheit, ob normal, obszön oder totalpervers, um unsere jungen Männer, statt sie Höflichkeit und Anstand zu lehren, ihrer Lebensrolle als potenzpotenzierter Frauenbeglücker zuzuführen.

Dabei kommen aber, anstelle von Sexisten, bisweilen auch Feministen heraus, namentlich Mag. Eike Sturtz-Leuchtenfels aus 1014 Wien, seines Zeichens Genderblogger, der mich neulich „schonungslos emphatisch“ als „pseudofeministischen Hundsfott“ bezeichnete, und zwar wegen meines „kryptosexistischen Gender-Bias“. Als Beweis nannte Mag. Eike Sturtz-Leuchtenfels mein Faible fürs Backen feiner Weihnachtskekse, dem ich jedes Jahr „zwanghaft obliege“. Und, so Mag. Eike Sturtz-Leuchtenfels weiter, ist nicht demnächst wieder das Ostereierfärben dran, eine „heidnische Zelebration des Testikelkults, gefolgt vom regelrecht brünstigen Imponiergehabe des Eierpeckens“?

Der Insinuation des Feministen erwiderte ich mit größtmöglicher Herablassung: „Es müsste Hundsföttin heißen!“ Worauf Mag. Eike Sturtz-Leuchtenfels mich belehrte, dass zwar alle männlichen Formen, die auch Weibliches mit einschlössen (also praktisch alle), korrekt als weibliche anzusetzen seien, ausgenommen jene, die der wahrheitsgetreu abträglichen Charakterisierung des männlichen Geschlechts dienten. Da kehrte ich meinerseits ein wenig den feministischen Etymologen hervor: Man habe „Hundsfott“ aus „Hunnus fuit“ ableiten wollen, doch hätte es, um einen Menschen/Mann zu beleidigen, „Hunnus es“ – „Du bist ein Hunne“ – heißen müssen. Und imponiergehabelaunig fügte ich hinzu, dass „Hundsfott“ – siehe den „Bilderschmuck der deutschen Sprache in Tausenden volkstümlicher Redensarten“ von Herman Schrader, Berlin 1912 – herkunftswörtlich nichts weiter bedeute als „vulva canina“.

„Der Hundsfott“, resümierte ich, indem ich noch rasch neurosenkundlich auftrumpfte, „ist die vaginalphobische Verschiebung der Canidenvulva ins Maskulinische.“ Das donnernde Schweigen des Mag. Eike Sturtz-Leuchtenfels, das selbst meinen Tinnitus übertönte, hörte sich an, als ob ich einen Herrenwitz zum Besten gegeben hätte, der mich ins Kriminal bringen müsste. Wundert's da wen, dass mich der Mond im Baby-TV hundsföttisch angrinst, während das kleine, unschuldige Wölkchen vor seinem wulstlippigen Mund hin und her segelt...?


E-Mails an: peter.strasser@uni-graz.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2013)

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