Österreich – ein Ruheraum für Rechtsextreme

Die Demonstrationen gegen den Akademikerball sind ein Erfolg – nur mehr knapp 800 Besucher tanzten heuer in der Hofburg.

Auch 2013 will die FPÖ wieder den Eindruck erwecken, beim WKR-Ball (neuerdings Akademikerball) ginge es um ein unpolitisches, gesellschaftliches Ereignis oder gar um freie Meinungsäußerung.

In Wahrheit es geht um weit mehr als um eine Tanzveranstaltung in der Hofburg. Diese dient nur als Anlass für Rechtsextreme aus aller Welt, nach Österreich zu reisen. Die tatsächlich relevanten und gefährlichen Veranstaltungen der rechtsextremen Gruppen finden in den Tagen vor und nach dem Ball statt: in privaten Räumen, zu denen Medien oder Polizei keinen Zutritt haben.

Neben den Burschenschaftern selbst, von denen einige als rechtsextrem eingestuft werden, hat es in den letzten Jahren zahlreiche prominente Besucher aus aller Welt gegeben.

Darunter waren Patrik Brinkmann, ein schwedischer Millionär und NPD-Mitglied, der als Geldgeber für europäische rechtsextreme und neonazistische Gruppen fungiert, Vater und Tochter Le Pen sowie Bruno Gollnisch vom Front National, Filipp Dewinter vom Flamsbelang, der bekannte Neonazi und Liedermacher Jörg Hähnel, oder auch der russische Rechtsextremist Alexander Dugin.

Rechtsextreme Vernetzung

Mitglieder der Olympia, jener Burschenschaft, der Martin Graf angehört (und die ebenfalls als rechtsextrem eingestuft ist), veranstalteten einen „Nationalen Liederabend“ mit Michael Müller – bekannt für seine Umtextung eines Udo-Jürgen-Songs zu „Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an...“

Und 2009 gab die FPÖ am Rande des Balles eine „Konferenz der europäischen Rechtsparteien“, bei der Kooperationen auf europäischer Ebene diskutiert wurden. Hinzu kommen zahlreiche kleine Treffen, deren Abhaltung nicht an die Öffentlichkeit dringt.

Es gibt deutliche Hinweise, dass auch die Finanzierung und die Zusammenarbeit von rechtsextremen und neonazistischen Gruppen in diesen Gesprächen eine zentrale Rolle spielen.

Österreich ist ein Ruheraum für Rechtsextreme. Hier ist möglich, was in anderen Ländern undenkbar wäre: Man stelle sich vor, die NPD würde einen Ball im Schloss Bellevue, dem Amtssitz des deutschen Bundespräsidenten abhalten, oder der Ku-Klux-Klan im Weißen Haus.

In Österreich geht das: Die Hofburg, der Amtssitz des Bundespräsidenten mit seinen prunkvollen Räumen, wird den Rechtsextremen für ihren Ball zur Verfügung gestellt. Davor der Heldenplatz, auf dem vor 75 Jahren die Nazis aufmarschiert sind. Die Symbolik ist stark und schrecklich – und hier dennoch willkommen.

Eine Schmach für die FPÖ

Die Demonstrationen der linken Zivilgesellschaft sind ein großer Erfolg. Nur mehr knapp 800 Besucher tanzten heuer auf dem Ball statt der 3000, die es letztes Jahr gewesen sein sollen. Die FPÖ schlägt nun wild mit Klagen gegen Demonstranten und Polizei um sich. Ganz so ruhig ist es also nicht mehr für die Rechten und Rechtsextremen, die sich hier vernetzen wollen – eine Schmach für die FPÖ.

Ziel für das nächste Jahr muss es sein, den Ball endlich ganz aus der Hofburg zu verbannen und ihm damit einen gesellschaftlichen Stellenwert zuzuweisen, der unter dem Hintertupfinger Faschingsgschnas liegt.

Es liegt in der Verantwortung der österreichischen Politik, die Vernetzung – und damit die Erstarkung – der extremen Rechten in Europa einzudämmen und endlich auch in Österreich eine klare, antifaschistische Position zu beziehen.


Ausführlichere Informationen zu den Umtrieben der Rechten finden sich unter:
www.stopptdierechten.at


Sigrid Maurer war von 2009 bis 2011 Vorsitzende der ÖH-Bundesvertretung und ist Nationalratskandidatin für die Grünen.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

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Bürgerrechte auch für Burschenschafter? Gastkommentar von ANDREAS MÖLZER

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2013)

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