Durch einen Kurzfrist-Kredit kann die insolvente Firma vorübergehend wieder produzieren. Arbeiter sind sogar zu Überstunden bereit, und das trotz ausständiger Löhne.
Wien. Entwarnung für alle Naschkatzen: Es wird auch weiterhin Schwedenbomben in den Supermarktregalen geben. Zumindest vorläufig ist die Produktion der Schwedenbomben gesichert. Eine Factoring-Finanzierung verschafft Niemetz kurzfristig durch einen Vorschuss auf offene Forderungen dringend benötigte Liquidität. Mit dem Factoring-Kredit ist das Unternehmen auch dazu in der Lage, auf die gestiegene Nachfrage zu reagieren.
37.000 Retter hamstern Bomben
Die Facebook-Gruppe „Rettet die Niemetz-Schwedenbomben“, deren Anhängerzahl in den letzte Tagen explosionsartig stieg und am Mittwoch bei 37.000 lag, hat mit dem Aufruf zu Solidaritätskäufen dafür gesorgt, dass es in den Supermärkten zu Schwedenbomben-Engpässen gekommen ist.
Die 66 Mitarbeiter von Niemetz, 50 Arbeiter und 16 Angestellte, die die Produktion aufrechterhalten, wurden am Dienstag beim Insolvenzfonds angemeldet. Die Arbeiter haben ihre Dezemberlöhne mittlerweile erhalten, die Jännerlöhne sind noch ausständig. Laut Gewerkschafter Manfred Anderle wären die Arbeiter auch bereit, Überstunden zu machen, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Allerdings warte man noch auf eine Bestätigung des Masseverwalters, ob diese bezahlt werden können. Gläubigerschützer meldeten unterdessen Zweifel an, ob Niemetz tatsächlich – wie angekündigt – dazu in der Lage sein wird, sich aus eigener Kraft zu sanieren. Eine „schlechte Krisen-PR“ bescheinigt Gerhard Weinhofer von der Creditreform dem Unternehmen: „Wenn man einen Insolvenzantrag stellt, sollte die Zeit des Versteckspiels vorbei sein.“ Aus dem Insolvenzantrag gehe nicht klar hervor, wo die eigentlichen Ursachen der Insolvenz lägen.
Lieferanten benachteiligt?
Klar sei, dass Niemetz offenbar unter Druck der Banken und des Finanzamtes mit dem Verkauf des Wiener Firmensitzes Ende 2012 einen Teil der Schulden bei diesen beglichen hat. Dieses Vorgehen könne nun von den rund 70 verbleibenden Gläubigern (hauptsächlich Lieferanten) angefochten werden. Jetzt sei es am Masseverwalter, herauszufinden, ob die vorgeschlagene 20-Prozent-Quote wirklich die beste Lösung sei oder ob auf anderem Weg, etwa mit einer Zerschlagung des Unternehmens, mehr zu holen sei. Für Weinberger steht aber außer Zweifel, dass zur Rettung des Unternehmens ein Investor mit Mehrheitsbeteiligung hermuss.
Interessenten gäbe es genug. Walter Heindl von der Confiserie Heindl etwa bestätigte der „Presse“, dass er seit Tagen auf einen Rückruf von Riel wartet, um eine mögliche Beteiligung zu besprechen. „Mit Swedy, Manja und den Schwedenbomben hat Niemetz drei super Produkte.“ Das sehen nicht alle Branchenkenner so. Die Süßigkeiten seien mit Geschmack, Verpackungsdesign und Kaloriengehalt in den Siebzigerjahren hängen geblieben, meinen Kritiker.
Außerdem habe man nichts in Marketing investiert. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn man Niemetz googelt. Die Firmenhomepage findet sich nicht einmal unter den ersten 20 Suchergebnissen.
Auf einen Blick
Niemetz, der Hersteller der Schwedenbomben, hat rund fünfMio. Euro Schulden. Mit einem Factoring-Kredit konnte nun kurzfristig genügend Liquidität bereitgestellt werden, um die Produktion erneut zu starten. Langfristig dürfte ein Partner unumgänglich sein. Die Niemetz-Arbeiter wurden beim Insolvenzfonds angemeldet. Sie warten noch auf Löhne, wären aber trotzdem bereit, wegen der Nachfrage Überstunden zu machen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2013)