Ministerpräsident Jebali kündigt die Bildung einer Expertenregierung und Wahlen "binnen kürzester Frist" an. Er reagiert damit auf Massenproteste nach dem Mord an einem Oppositionspolitiker.
Der tunesische Ministerpräsident Hamadi Jebali will die von seiner islamistischen Ennahda-Partei dominierte Regierung auflösen und eine Regierung aus unabhängigen Experten bilden. Das kündigte er am Mittwochabend in einer Rede an die Nation an. Die neue "Regierung der nationalen Kompetenz" solle ein "beschränktes Mandat zur Führung der Geschäfte des Landes bis zur Abhaltung von Wahlen binnen kürzester Frist" haben.
In Tunesien war es am Mittwoch zu Massenprotesten und Streikankündigungen gekommen, nachdem der Oppositionspolitiker Chokri Belaid am Morgen erschossen worden war. Einige Demonstranten setzten dabei die Zentrale der Ennahda-Partei in Brand. Ein Polizist kam bei gewaltsamen Zusammenstößen ums Leben, wie die französische Zeitung "Le Figaro" berichtete.
Belaid war Chef der linksgerichteten, oppositionellen Volksfront und galt als harscher Kritiker der amtierenden Regierung. Er wurde von einem Mann mit drei Kugeln erschossen, wie Jebali mitteilte. Ein Komplize stand für die Flucht mit einem Motorrad bereit.
Regierung weist Verantwortung zurück
Belaids Familie machte die Ennahda-Partei für den Mord verantwortlich. Regierungspolitiker wiesen jegliche Verantwortung für den Todesfall zurück. Jebali sprach von einem "kriminellen Akt, einem Terrorakt nicht nur gegen Belaid, sondern gegen ganz Tunesien".
Belaïd ist bereits der zweite Oppositionspolitiker, der seit dem Sturz von Langzeitpräsident Zine al-Abidine Ben Ali Anfang 2011 gewaltsam ums Leben kam. Im vergangenen Oktober starb bereits Lotfi Naguedh nach einem Angriff von Regierungsanhängern. Er soll nach einer Prügelattacke einen Herzinfarkt erlitten haben.
(APA/AFP/dpa)