The Weeknd & Lily-Rose Depp

Kontroverse Serie „The Idol“: Ein „Folterporno“ mit Popstars?

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Sie wollten einen kritischen Blick auf Celebrity-Kultur und Ausbeutung im Showbusiness werfen, sagen Serienmacher Sam Levinson und Popstar The Weeknd. Herausgekommen sei eine toxische Männerfantasie, klagen Beteiligte. Die erste Folge setzt dem nicht viel entgegen.

Stop, ruft der Intimitätskoordinator und wirft sich zwischen Popstar Jocelyn (Lily-Rose Depp) und die Fotokamera, die gerade ihre entblößte Brust auf zig Bilder gebannt hat. „Sideboob“, „Underboob“, das sei vertraglich alles kein Problem, erklärt er bestimmt. Aber nackte Brustwarzen, das sieht der Vertrag für das Album-Covershooting nicht vor. Dass die Sängerin sich den roten Seidenbademantel selbst abgestreift hat – unter großem Jubel der versammelten Manager und Agenten –, tue nichts zur Sache. Diese Regeln seien zu ihrem Schutz da, erklärt der Intimitätskoordinator. Kurz bevor er von Jocelyns Manager ins Klo gesperrt wird: Problem gelöst.

Wo hört Selbstermächtigung auf, wo fängt Ausbeutung an? Davon soll die neue HBO-Serie „The Idol“ erzählen. Davon sollte sie jedenfalls erzählen, berichten einige, die an den Dreharbeiten beteiligt waren. Doch im Lauf der Produktion sei die ursprünglich kritisch-satirische Prämisse der Serie ins Arge gekippt: Von „Verherrlichung von Vergewaltigungsfantasien“ und „Folterporno“ sprechen einige Involvierte in einem Bericht des „Rolling Stone“, der sich selbst liest wie ein serienreifes Drama.

Beworben als „schmierigste Liebesgeschichte Hollywoods“

Geplant war demnach eine dunkle Satire auf Ruhm und Popkultur – mit Lily-Rose Depp , Johnny Depps Tochter, in der Rolle einer Sängerin, die einem mysteriösen Nachtklubbesitzer und Kultanführer verfällt, gespielt vom kanadischen R&B-Sänger Abel Tesfaye, besser bekannt als The Weeknd. Die Regisseurin Amy Seimetz hatte schon rund 80 Prozent ihrer Szenen abgedreht, als sie im Vorjahr plötzlich ersetzt wurde – durch Sam Levinson, der bereits als Drehbuchautor an Bord war und der für sein ausschweifendes Teenagerdrama „Euphoria“ bekannt ist.

Angeblich hatte The Weeknd, der die Serie mitentwickelt hatte, den Wechsel angestoßen: Die erste Version sei ihm zu sehr in eine „weibliche Perspektive“ geglitten. Levinson habe sodann das Brutale und sexuell Explizite aufgedreht, heißt es. Was HBO nicht gerade herunterspielt: Als „schmierigste Liebesgeschichte Hollywoods“ wird „The Idol“ beworben.

The Weeknd als „rapey“ Typ

Nun ist die Serie erschienen, bei uns auf Sky, jeden Montag kommt eine neue Folge heraus. Die erste kann die Befürchtungen zumindest nicht ausräumen: Depp gibt, in den meisten Szenen mit nicht viel mehr bekleidet als ein paar Schnüren oder durchsichtigem Stoff, eine Art seelenlose Popmarionette, die sich andauernd eine Zigarette anzündet. Selbst in der Sauna. „Mental illness is sexy“, schwadroniert ihr Beraterschwarm: So ein Popstar sei für einfache Männer ja unerreichbar - doch eine psychische Schwäche gebe den Fans die Illusion, dass sie Jocelyn vielleicht doch haben könnten.

Dass der von The Weeknd gespielt Clubbesitzer „rapey“ wirke, also wie jemand, dem man eine Vergewaltigung zutraut, gefalle ihr, sagt sie kichernd. Die erste Folge endet damit, dass er sie ungefragt mit ihrem roten Seidenbademantel würgt und beim Sex ein Messer einsetzt – um ihre Gesangsstimme auf neue Höhen zu bringen, wie er sagt. Das alles wirkt hier seltsam glamourös: eine kaputte, toxische, aber geheimnisvoll leuchtende Showbusiness-Welt. Die nächsten Folgen müssten viel leisten, um diesen fragwürdigen ersten Eindruck umzukehren.

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