Gastkommentar

Regierung braucht Kontrolle

U-Ausschüsse decken nicht nur Missstände auf, sie stellen auch verloren gegangenes Vertrauen wieder her.

Der Autor

LAbg. Ing. Mag. Reinhard Teufel ist Forstwirt, freiheitlicher Klubobmann im nö. Landtag und Büroleiter von Bundesparteiobmann Herbert Kickl. Er war von 2017 bis 2019 dessen Kabinettschef im Bundesministerium für Inneres. Teufel war bereits selbst Auskunftsperson in einem U-Ausschuss.

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind für den politischen Selbstreinigungsprozess von großer Bedeutung. So trägt bereits die bloße Möglichkeit ihrer Einsetzung zu einem transparenteren und effizienteren Handeln bei. Wenn öffentlich Bedienstete, politische Akteure oder Unternehmer, die öffentliche Aufträge erhalten, damit rechnen müssen, für ihr Handeln und ihre Tätigkeiten zur Rechenschaft gezogen zu werden oder diese erklären und verantworten zu müssen, agieren sie achtsamer.

Der U-Ausschuss ist somit auch ein positives Signal an die internationalen Finanzmärkte, da dort die Bewertung Österreichs von der Kreditwürdigkeit abhängt. Angesichts der Finanzschulden des Bundes, die sich auf rund 270 Mrd. Euro belaufen, ist es nicht unerheblich, wie die Finanzmärkte die Republik bewerten. Ein besseres Rating bedeutet am Ende, dass der österreichische Steuerzahler weniger an Zinsen zu zahlen hat. Steigt das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung, sinken auch die Refinanzierungskosten.

Österreichs reales BIP-Wachstum hat sich in den vergangenen Jahren deutlich vermindert. Ratingagenturen wie Fitch oder Standard & Poor‘s haben daher unser Land von der begehrten Bestnote, dem Triple-A, auf AA+ zurückgestuft. Die Chancen, dass Österreich in den kommenden 24 Monaten sein AAA-Rating zurückerhält, stehen zwar gut, wir sollten uns aber keine Schwächen mehr leisten. Umso wichtiger ist es, jedem Verdacht auf Unstimmigkeiten in der Verwaltung nachzugehen. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse, die das reibungslose und rechtlich einwandfreie Zusammenspiel der gesamten staatlichen Verwaltung und der obersten Organe schonungslos unter die Lupe nehmen, entfalten so eine generalpräventive Wirkung, die durch die Berichterstattung der Medien noch multipliziert wird. Sie decken nicht nur Missstände auf, sondern stellen auch verloren gegangenes Vertrauen wieder her und stellen Missstände ab.

Es war ein langer Weg, den parlamentarischen Untersuchungsausschuss als Minderheitenrecht überhaupt erst anzustoßen und letztlich als schlagkräftiges Kontrollinstrument der Opposition zu etablieren. Dazu gehört auch, dass die einzige Möglichkeit einer Regierung, sich einer Untersuchung zu entziehen, Neuwahlen sind. Seit 2014 ein demokratiepolitischer Meilenstein! Parlamentarier sollen ja im Sinne der Gewaltenteilung die Regierung kontrollieren und ihr nicht applaudieren.

Es war ein langer Weg

Der Einwand, U-Ausschüsse seien zu teuer, brächten wenig und dienten nur der eitlen Selbstdarstellung der Ausschussmitglieder, greift zu kurz. Selbst wenn sie als politmediale Bühne zur persönlichen Profilierung genutzt werden, steht das investigative Moment im Vordergrund. Sie induzieren achtsameres Verwaltungshandeln, führen zu einem effizienteren Mitteleinsatz, sorgen für mehr Transparenz und eine bessere Bewertung der Republik als Schuldnerin, damit für niedrigere Zinsen.

Mit ein Beweggrund für mich als Staatsbürger, so massiv für die Implementierung des U-Ausschusses als Minderheitenrecht einzutreten. Denn dass sich die Regierungsparteien durch einen U-Ausschuss selbst kontrollieren, glaubt wohl niemand. Es sollte daher auch die Corona-Politik der Bundesregierung durch einen U-Ausschuss beleuchtet werden..

E-Mails an:debatte@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2023)

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