Arbeitskräftemangel

Korosec: „Wir verlieren wichtige Zeit“

Die Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid Korosec
Die Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid KorosecAPA/HANS PUNZ
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Zu Jahresbeginn startete Türkis-Grün eine Arbeitsgruppe zum Fachkräftemangel, Ergebnisse hätten längst vorgelegt werden sollen. Jetzt gibt es sogar ÖVP-intern bereits Kritik an der Verzögerung.

Von eigentlich paktierten Umweltmaßnahmen wie dem Klimaschutzgesetz über offene Baustellen in der Justiz à la Bundesstaatsanwalt bis hin zur versprochenen Quasi-Abschaffung des Amtsgeheimnisses: Die türkis-grüne Koalition ist etwas mehr als ein Jahr vor dem regulären Ende der Legislaturperiode noch allerhand schuldig.

Längst präsentieren wollte man indes ein Paket gegen den Fachkräftemangel. Die Idee: Weil laut Wirtschaftskammer bis ins Jahr 2040 rund 360.000 Arbeitskräfte fehlen, setzte sich die türkis-grüne Koalition bei ihrer Klausur im Jänner das Ziel, in einer Arbeitsgruppe mit den Sozialpartnern ein Paket für Arbeitsanreize zu schnüren. Thema dabei sollen etwa Anreize für Vollzeitarbeit oder bessere Rahmenbedingungen für arbeitende Pensionisten sein.

Wenig später traf sich die Gruppe, angeführt von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) zum ersten Mal. Damals hieß es, dass man in drei Monaten Ergebnisse vorlegen wolle. Allein: Mehr als vier Monate nach dem Auftakt der Gespräche herrscht diesbezüglich immer noch Stille seitens der Regierung.

„Warte auf Umsetzung“

Daran gibt es nun auch erstmals interne Kritik, und zwar aus dem ÖVP-Seniorenbund. Dessen Präsidentin, Ingrid Korosec, macht im „Presse“-Gespräch Druck auf ÖVP und Grüne, ein Paket vorzulegen. Korosec saß in der Arbeitsgruppe mit am Verhandlungstisch – und sie erwartet nun „einen raschen Abschluss der Gespräche“.

Die „Umsetzung konkreter Maßnahmen“ sei „dringend“, sagt die Chefin des rund 300.000 Mitglieder starken ÖVP-Bundes. „Erste Ergebnisse wurden für das erste Quartal 2023 angekündigt, ich warte seither wie viele Senioren auf konkrete Umsetzungsschritte.“ Nachsatz: „Jetzt haben wir Anfang Juni, wir verlieren wichtige Zeit.“ Einer der diskutierten Punkte, die mögliche Abschaffung von Pensionsbeiträgen für arbeitende Pensionisten, ist eine seit Jahren bestehende Forderung Korosecs – und mit ein Grund, warum die Seniorenbund-Chefin nun den Druck erhöht. Ebenfalls verlangt sie als Mittel gegen die vor allem unter Frauen hohe Teilzeitquote „rechtzeitige Aufklärung und Alternativen zur Teilzeitfalle“.

Wirklich nachvollziehen kann die ranghohe ÖVP-Politikerin die Verzögerung nicht: „Seit der Ankündigung fanden zwei Arbeitsgespräche und mehrere Gespräche in kleineren Runden statt, bei denen man überwiegend übereinstimmte, dass die Attraktivierung der Arbeit in der Pension sinnvoll und wichtig sei“, sagt Korosec. Und: „Ich habe Verständnis dafür, dass es hier viele Wünsche gibt, aber in diesem konkreten Fall ist die Sachlage klar und die notwendigen Gegenmaßnahmen auch.“

Zu geringer Anreiz

Eine Alternative zur verlangten Abschaffung der Pensionsversicherungsbeiträge für arbeitende Pensionisten wäre auch ein Steuerabsetzbetrag, so Korosec. Im Einzelfall würde der Entfall der Beiträge jedenfalls eine beträchtliche Summe ausmachen, sagt sie: „Die aktuelle Belastung ist mit bis zu einem Drittel zu viel.“ Einem selbstständigen Pensionisten würden „von 1000 Euro gar nur etwa 330 Euro bleiben“, sagt die ÖVP-Frau. Daher würde sich zusätzliche Arbeit oft kaum rentieren. Ein beträchtlicher Teil der Abgaben – 22,8 Prozent des Bruttogehalts nämlich – entfällt auf Pensionsversicherungsbeiträge, die auch Rentner abzuliefern haben. Korosec will diese für arbeitende Pensionisten daher „jetzt abschaffen“, dies wäre auch „rasch umsetzbar“.

Knapp 100.000 Pensionisten arbeiteten noch, sagt Korosec – und die Zahl nimmt laut der ÖVP-Politikerin jährlich um zehn Prozent zu, Korosec spricht von „einem ruhenden Fachkräfte- und Expertenpool“. Zumal nun „die fitte Babyboomer-Generation ins Pensionsalter kommt“, erklärt Korosec. „Ich erwarte von der Regierung, dass sich das Arbeiten für Pensionisten, die arbeiten wollen, auch lohnt.“

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