Tisch für vier

Lokalkritik im Tenha: Meer und Wild

In der Hermanngasse fühlt man sich weit weg vom städtischen Trubel.
In der Hermanngasse fühlt man sich weit weg vom städtischen Trubel.Christine Pichler
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Meeresgetier und Wild, fein, aber nicht anstrengend: Das gibt’s im Tenha. Naturwein zum Glück nicht. 

First things first: Das Tenha hat nichts mit Portugal zu tun. Dabei hatte man gedacht, man sei dem Rätsel um den Namen dank Google schon beigekommen, auch wenn „tenha un bom dia“ – „Haben Sie einen schönen Tag!“ – eher nach Abschied als nach Willkommensgruß klingt. Tatsächlich gibt es das Wort auch im Türkischen, und das hat dann doch etwas mehr Sinn: Es bedeutet „abgelegen“, und obwohl das Restaurant mitten in ­Neubau liegt, stimmt das schon irgendwie. Hier, kurz nach dem Knick, den die Hermanngasse plötzlich einlegt, fühlt man sich weit weg vom städtischen Trubel.

Tür an Tür mit dem legendären Gasthaus Grünauer haben Aydin Firat und Gerald Kulnig vor einigen Monaten ihr Lokal aufgesperrt. Da kocht man freilich weder portugiesisch noch türkisch. Es gibt neben Wild vor allem Fisch und Meeresfrüchte – ein Mitbringsel von Kulnigs voriger Station im Fischrestaurant von Suat Takan in Währing: Dass das mit dem Meeresgetier gut hinhaut, liegt also auf der Hand. Tatsächlich ist beim Thunfisch-Wassermelonen-Tatar jeder Bissen eine kleine Über­raschung – auch dank des albanischen (!) Limettenkaviars. Die Black-Tiger-Garnele ist mächtig, das Filet vom Wolfsbarsch knusprig, saftig: So geht das. Der eingelegte Rhabarber ist ein bisschen gar dominant, alles in allem ist es hier aber fein – und trotzdem bodenständig genug, um nicht anstrengend zu sein. Die recht gehaltvollen Beilagen – ein kleiner Risotto, ein minziges Erbsenpüree – rücken die Gerichte schon beinahe in die Comfort-Food-Ecke.

Gerald Kulnig arbeitete zuvor im Fischrestaurant von Suat Takan in Währing.
Gerald Kulnig arbeitete zuvor im Fischrestaurant von Suat Takan in Währing. Christine Pichler

Die Atmosphäre trägt das ihre bei: Modern ist es hier nicht, eher rustikal, die Ichendorf-Gläser mit kleinen Igelchen und anderen Tieren sind ein schräger Kontrast zur schicken Champagnerschale, die Chefs nicht todernst und offen für so ziemlich alle Wünsche. Ein Menü ohne Meeresfrüchte in einem Lokal, dessen ­Vitrine voll davon ist? Kein Problem, das Tatar ist vom Charolais-Rind, das Pendant zu den Jakobsmuscheln ein Reh aus Gamlitz, vegetarisch würde auch gehen. Nachdem die Preise nicht total astronomisch sind (vier Überraschungsgänge plus ­Dessert um 68 Euro, das Chaostablemenü zum Teilen kommt auf 65 Euro pro ­Person), kann man sich darauf auch einlassen, fürs Nachfragen bräuchte man sich hier bestimmt auch nicht zu genieren. Fisch im Ganzen gibt es auch – und die gute Nachricht für alle, die endgültig genug haben von dem dauernden Naturwein: Ausnahmsweise bekommt man hier davon einmal keinen. Halleluja.

Tipp

Tenha Wine & Dine, Hermanngasse 30, 1070 Wien, Tel.: +43/(0)699 10 70 31 01, Di–Sa: 17–23 Uhr. tenha.at

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