The Prodigy machte Nova Rock zum Rave 

Blick auf „Blue Stage“  am Nova Rock.
Blick auf „Blue Stage“ am Nova Rock. (c) APA FLORIAN WIESER
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Der britische Electroact sorgte auch ohne Keith Flint für druckvollen Sound. Außerdem Tenacious D, Yungblud, Sum 41, Thundermother, Bob Vylan und Funeral For A Friend.

The Prodigy haben das Nova Rock zum Rave verwandelt. Vier Jahre nach dem Tod ihres Sängers und Einpeitschers Keith Flint sind die Breakbeat-Punks auf die Festivalbühnen zurückgekehrt. In Nickelsdorf rechtfertigten sie das mit einer dynamischen Darbietung, gebettet in fetten Sound. Sänger Maxim stemmte als alleiniger Frontmann die Show. Aber „Firestarter“ ohne Flint geht nicht, den Song gab es nur instrumental mit dem ikonischen Derwisch als Art Laserprojektion.

Die Electro-Dance-Band fegte in knapp einer Stunde durch ein Hit-Programm, das mit „Breathe“ ein wenig holprig loslegte, aber bereits mit dem nachfolgenden, nackenbrechende „Omen“ ordentlich durchstartete. Zwar fehlte mit dem tanzenden Flint ein wichtiges Element, aber Beats, Bässe, Laser, Stroboskoplicht, Maxims gebrüllte und gebellte Parolen („Get On Your Fight“) und Mastermind Liam Howletts wütende Synths begeisterten jene, die am Dancefloor vulgo vor der Blue Stage verblieben waren. Das bitterböse „Smack My Bitch Up“ ließen sich The Prodigy auch in heutigen Zeiten nicht verbieten. Und so schnell das „reguläre“ Programm vorbei war, umso furioser tischten die Briten „Invaders Must Die“ im Zugabenteil auf.

Tenacious D witzelte über das „Indiana Jones“

Wie man Humor und Musik wirklich kurzweilig zusammenführt, bewies wiederum Tenacious D: Das aus den US-Schauspielern Jack Black und Kyle Gass bestehende Projekt, live von einer Band unterstützt, witzelte über das „Indiana Jones“-Thema, ließ bei „The Metal“ einen Metallritter über die Bühne stolzieren und war auch ansonsten um keine gitarrenverrenkende Hampelei verlegen - inklusive ausladendem Flötensolo von Gass. Black ist ohnehin ein Sympathieträger vor dem Herren - selbst wenn in diesem Fall der Leibhaftige seine dekorativen Finger im Spiel hatte.

Keinen ganz einfachen Stand hatte Dominic Harrison alias Yungblud, der direkt nach Sum 41 an der Reihe war. Während die kanadische Punkband, die kürzlich ihre bevorstehende Auflösung verkündet hatte, mit einem energiegeladenen Best-of-Set eine unglaubliche Menschenmenge anzog (Hits wie „In Too Deep“ wurden aus Tausenden Kehlen gebrüllt), musste sich der Brite sein Publikum erst erarbeiteten. Ein Problem? Nicht wirklich, immerhin verband Yungblud Spielfreude mit reichliche Bühnenaction und eingängigen Indie-Rock-Tracks, die keine Scheu vor Hip-Hop- oder Popversatzstücken aufwiesen.

Yungblud nach Sum 41

„Der zweite Tag auf einem Festival ist am besten“, freute sich Harrison schon vor dem Gig. „Alle sind aufgewacht, aber haben noch keinen zu schlimmen Hangover.“ Dass er seit dem Debüt „21st Century Liability“ (2018) quasi nonstop tourt und arbeitet, sei nur logisch. „Ich liebe es! Ich bin 25 Jahre alt, was sollte ich sonst tun? Ich reise um die Welt, habe alle möglichen Experimente gemacht. Jetzt bin ich hier und will, dass es Killer wird!“ Yungblud orientiere sich ohnehin nur an den Fans. „Nur sie zählen. Es geht um unsere Welt, unsere Idee, unsere Energie.“

Davon hatten auch Thundermother reichlich in petto, wobei die schwedische Frauenformation stilistisch mit ihrem klassischen Riffrock in eine andere Richtung abzielte. „Das ist ja nichts Schlechtes, im Gegenteil“, sagte Gitarristin Filippa Nässil. „Rock and Roll is here to stay - forever!“ Anleihen bei AC/DC waren ebenso wenig zu überhören wie der Einfluss von Joan Jett oder Girlschool. „Bei uns gibt es keine Backing-Tracks, das ist das Wichtigste“, betonte Sängerin Linnéa Vikström. „Wir sind nicht ausgezogen, um das Rad neu zu erfinden. Wir wollen Rock and Roll spielen und Spaß haben.“

Bob Vylan setzt auf Bewusstsein

Reichlich Sozialkritik gab es hingegen bei Bob Vylan. Das britische Duo servierte eine furiose wie intelligente Mischung aus Grime-Rap und Punkrock mit Zutaten aus Indie-Rock und (etwas) Reggae. Inhaltlich wurde nicht zuletzt die Herkunft der Musiker verarbeitet. „Unsere Wurzeln liegen in der Karibik, dort stammen unsere Vorfahren her. Mein Vater ist Jamaikaner, aber nur deshalb, weil seine Vorfahren in Afrika versklavt wurden. Wenn man sich dessen bewusst ist, drückt sich das natürlich in der künstlerische Arbeit aus“, betonte der Sänger, der gegen Monarchie und Fremdenfeindlichkeit wütete.

Das Publikum selbst hatte zu diesem Zeitpunkt schon ein ganzes Festivalkarussell hinter sich gebracht: Sonnenschein und sommerliche Temperaturen zu mittag, dunkle Wolken und bedrohliches Donnergrollen am späten Nachmittag. Der große Regen, der etwa im nahen Parndorf niederging, oder gar ein Gewitter blieb während des Musikprogramms aber zum Glück aus - so hatte man nur mit den matschigen Bedingungen zu kämpfen, was natürlich die hohe Gummistiefeldichte erklärte. Davon abgesehen dominierte ein harmonischer Gesamteindruck von Fans unterschiedlichster Couleur, die mal im Metalshirt, mal im Plüschkostüm die Pannonia Fields unsicher machten. Hauptsache gemeinsam feiern, schien die Devise.

Funeral For A Friend

Auf eine gute Zeit konzentrierte sich auch die walisches Post-Hardcore-Band Funeral For A Friend, die nach langer Pause wieder gemeinsam unterwegs ist. Dabei war es ein trauriger Anlass, der das Sextett 2019 wieder zusammenführte, spielte man doch Benefizkonzerte nach dem Tod eines engen Freundes. Eins führte aber letztlich zum anderen, und so wurden am Nova Rock eingängige Songs wie „Rookie of the Year“ ebenso geboten wie das knallharte „The End of Nothing“. „Es macht wahnsinnig viel Spaß“, meinte Gitarrist Darran Smith danach. „Aber gleichzeitig sind wir es auch nicht mehr gewöhnt.“ Sein Kollege Kris Coombs-Roberts verglich es mit Hausschuhen, die man schon lange nicht mehr getragen hat. „Zuerst ist es eigenartig, aber dann fühlst du dich wieder wohl.“

Regierte hier die geradlinige Rockshow ohne Kinkerlitzchen, sah das zu späterer Stunde bei Powerwolf ganz anders aus. Die deutsche Metalband ist bekannt für ihre extravaganten Shows, die eher einer theatral aufgeladenen Messe gleichkommen - reichlich Pathos und viel Feuer inklusive. Den Gegenpol dazu markierte wohl Meshuggah aus Schweden: In Sachen vertrackter Rhythmik und verschrobenen Songstrukturen macht der Formation um Sänger Jens Kidman jedenfalls niemand so schnell was nach. Komplexität und Durchschlagskraft gingen hier wahrlich Hand in Hand - zur Freude der heftig headbangenden Fans. (APA)

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