Lettland und Rumänien fühlen sich besonders benachteiligt, Polen kann mit dem beschlossenen Budget gut leben. Ruf nach Fairness und Augenmaß wurde immer wieder laut.
Brüssel/La. „Unfair“ und „inakzeptabel“ – so schätzte Petr Nečas den Budgetentwurf des EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy noch am Freitagvormittag ein. „Wir wollen keine Privilegien, sondern ein modernes Budget, das sich gegenüber Tschechien fair verhalten wird.“ Und das, so der tschechische Premier, sei derzeit nicht der Fall.
Mit dieser Einschätzung stand Nečas nicht allein. Vorbehalte gegen den Vorschlag des EU-Ratspräsidenten äußerten dem Vernehmen nach auch Lettland, Rumänien und Bulgarien. Dabei ging es nicht vordergründig um die Tatsache, dass die Einsparungen im siebenjährigen Haushaltsplan der Union auch aus dem Kohäsionsfonds kommen sollen, von dem die weniger entwickelten zentral- und osteuropäischen Mitglieder der EU überdurchschnittlich stark profitieren. Vor allem der Ruf nach Fairness und Augenmaß wurde immer wieder laut.
Zu den allgemeinen Kürzungen, die von allen Empfängern der EU-Subventionen geschultert werden müssen, kamen individuelle Probleme hinzu. Lettlands Regierungschef Valdis Dombrovskis soll sich über Einschnitte bei den Agrarzuschüssen besonders bitter beklagt haben. Bei Rumänien wiederum ging es um einen Passus, demzufolge jenen Ländern, die Brüsseler Subventionsgelder bisher besonders ineffizient abgerufen haben, in Zukunft die Zuteilung reduziert werden soll – Adressat dieser Klausel war de facto nur Bukarest.
Grund zur Zufriedenheit hatten hingegen die Polen: Warschau kann bis 2020 mit 29,1 Mrd. Agrar- und 72,4 Mrd. Kohäsionsgeldern rechnen – macht in Summe 101,5 Mrd. Euro, die angesichts des momentan starken Außenwerts der Einheitswährung in Złoty umgerechnet noch beeindruckender klingen. Und auch die Regel, wonach die Rückerstattung der Mehrwertsteuer unter gewissen Bedingungen von der EU kofinanziert werden kann, wurde entgegen dem ursprünglichen Entwurf beibehalten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2013)