Den großen Namen auf der Spur

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grossen Namen Spur(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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International längst etabliert, gibt es in Österreich nur wenige spezialisierte Name-Designer. Noch geschieht das eher nebenbei, aber die Namensentwicklung wird professioneller.

Kündigt sich ein Baby an, denkt man Monate über Namen nach. Holt Tipps ein, wälzt Bücher, googelt Bedeutungen. „Aber den für die eigene Firma oder ein Produkt macht man so irgendwie“, sagt Julia Seidl. Die junge Tirolerin ist eine der wenigen Kreativen in Österreich, die sich mit ihrer Agentur Brandwerker speziell der Entwicklung von Namen widmet. Kommt ein neues Start-up, ein Unternehmen, ein Produkt auf den Markt, „ist der Name die wichtigste Entscheidung im Marketing“, sagt Georg Wagner vom Wiener Büro Spirit Design. „Die Namensentwicklung wird oft unterschätzt, viele gehen nicht strategisch heran, verwenden irgendeinen Arbeitstitel“, sagt Wagner.

Professionelles „Name-Design“ – das ist in Österreich ein junges Feld. In Deutschland, Belgien, Frankreich oder skandinavischen Ländern sind spezialisierte Designer oder Agenturen längst etabliert. Hierzulande läuft die Namensfindung oft über Werbeagenturen, die meisten Unternehmen, vor allem kleine und mittlere, gestalten Namen und Produktbezeichnungen selbst.

„Die meisten machen das in Eigenregie, es hat ja auch viel mit Geschmack zu tun“, sagt Julia Seidl. Und viele hätten auch „ein gutes Handerl“. Andere weniger. Jene, die ihren Firmen Namen geben, die für den Kunden nicht mehr als willkürlich gereihte Buchstaben sind, bloß dem Chef am Herzen liegen, weil sie aus den Initialen der Kinder bestehen, zum Beispiel. „Ein anderes No-Go ist es auch, Trends nachzurennen. Worte zu verwenden, die gerade ,in‘ sind, aber mit dem eigenen Geschäft nichts zu tun haben“, sagt Seidl.


Die ganz Großen fehlen. „Wir haben in Österreich – verglichen mit Deutschland – auch eine viel kleinere Konsumgüterindustrie. Riesen wie Procter & Gamble oder Unilever entwickeln ihre Marken nicht bei uns“, so erklärt Wagner den Mangel an reinen Namensdesignern. Auch er und sein Team entwickeln Namen vor allem als Teil einer ganzen Markenstrategie, begleiten Innovationsprozess und Entwicklung. Schließlich ist das ein langer Prozess, „der Name muss Orientierung bieten, den Nutzen hervorheben, Image transportieren, in die Namenswelt des Unternehmens passen, er soll auszusprechen sein und gut klingen. Und vor allem keine reine Hülle sein, nicht bloße Kosmetik“, sagt Maria Hell von Spirit Design. Kurzes Grübeln, Brainstorming, und schon ist ein Name gefunden – so funktioniert das nicht.


Name-Design als Handwerk.Julia Seidl beschäftigt sich in ihrer Agentur seit vier Jahren mit Namensfindung. Und hat unlängst – auch mit externer Hilfe – einen neuen Namen für ihre eigene Firma entwickelt: Aus der Agentur Vielfalter wurde Brandwerker. „Werker steht dafür, dass das, was wir tun, Handwerk und echte Arbeit ist. Wir setzen uns nicht nur hin und zwei Stunden später haben wir super Namen“, und Brand – vom englischen „Brand“, der Marke. Bei der Namensentwicklung, sagt Seidl, gehe es darum, den Kern eines Produktes oder einer Firma zu finden, mit gewissen, eigenen Techniken die zentralen Begriffe festzulegen. Teile, die dann zu einem Namen zusammengesetzt werden. „Gastroärzte“ zum Beispiel, habe ihre Agentur mit einem Kunden entwickelt, der Service und Reparatur von Gastrogeräten anbietet. „Sie sind Techniker, aber Lebensretter, helfen Gastronomen in der stressigsten Zeit, oft retten sie ihnen die Haut.“


Keine Meier mehr. „Man muss sich den Namen leicht merken können, er soll nicht falsch zu schreiben sein, er muss zum Produkt, zur Firma, zur Geschichte der Firma passen“, sagt David Hubner. Der junge Oberösterreicher befasst sich in seiner Agentur „Dav MarkenDesign“ seit fünf Jahren mit Namensfindung – als einer von zweien, wie er sagt, in ganz Oberösterreich. „Die Wertschätzung für Namensentwicklung fehlt noch. Aber langsam wird das professioneller, die geänderte Denkweise ist schon da“, sagt Hubner.

Und während manche Berater, auch aus den Kammern, empfehlen, den eigenen Namen zu verwenden, rät er davon ab. „Die Firma Josef Meier zu nennen, das würde ich nicht empfehlen. Besser ist etwas Individuelles. Der Name des Inhabers plus Logo, das ist meist das Langweiligste. Generell wäre mehr Mut nicht schlecht“, sagt Hubner.

„Die Frage ist: Wie wichtig ist die Persönlichkeit?“, meint Maria Hell von Spirit Design. Große Erfinder und Unternehmer, Siemens, Bosch oder Hipp, sind selbst zur Marke geworden, weil sie mit ihren Namen dafür stehen. Bei Marken wie Zotter oder Staud, die so auf den Gründer, die Persönlichkeit, fokussiert sind, sei es auch heute noch sinnvoll, einfach den Namen zu verwenden, meint Georg Wagner.

Derzeit beobachtet er aber eine Tendenz hin zu Fantasienamen. Auch, weil so viele Worte schon patentrechtlich geschützt sind. Eine der mühsameren Aufgaben, der Name-Designer nachgehen müssen: abklären, ob ein Name (weltweit, oder dort, wo man diesen heute oder in 30 Jahren verwenden möchte) frei ist, und ob die Bedeutung funktioniert. Dass man den Fiat „uno“ in Finnland so nicht nennen sollte, weil das Trottel hieße, oder der Namenszusatz des „Chevrolet nova“ auf Spanisch „fährt nicht“ heißt.

Und auf der anderen Seite gibt es da natürlich die absoluten Volltreffer, die Namen, die zur Genrebezeichnung werden. Uhu, Tixo, Soletti und so weiter. „Das ist natürlich das Genialste, was einem passieren kann“, sagt Georg Wagner. Dass gelinge aber auch nur, wenn hinter dem Namen ein geniales Produkt steht.


Bodenständiges gefragt. In Österreich seien derzeit deutsche Namen sehr gefragt, beobachtet Julia Seidl. Bodenständiges, Traditionelles. Das Wort „Holz“ als Teil des Namens, zum Beispiel. „Das ist ja ganz schön, aber irgendwann gibts zig Firmen mit einem Wortspiel mit ,Holz‘ im Namen. Also: Niemals Trends folgen“, sagt Seidl. Auch Georg Wagner beobachtet die Tendenz hin zu einer Heimeligkeit, zu regionalen Bezeichnungen, Echtheit, Authentizität. Das Revival alter Marken wie Afri-Cola oder der jüngst Kult um die Schwedenbomben spiegeln das wider.

Nur englische Namen, das ergeben Tests, kämen bei Österreichern nicht so gut an. Und auch die Tendenz vieler heimischer Firmen und Organisationen, Anfangsbuchstaben zu nicht aussprechbaren Gebilden aneinanderzureihen, der gefällt ihm nicht. Ein wenig mehr Professionalität sei da bei der Wahl des Namens schon gefragt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2013)

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