"Unser Wermutstropfen sind höhere Zahlungen"

Unser Wermutstropfen sind hoehere
Unser Wermutstropfen sind hoehere(c) APA GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Vizekanzler Michael Spindelegger ist mit den Budgetverhandlungen zufrieden und sieht in Cameron keinen großen Sieger.

Bundeskanzler Werner Faymann hat das Ergebnis des EU-Budgetgipfels als Verhandlungserfolg dargestellt. Er hat das Ergebnis mit jenem von Wolfgang Schüssel vor sieben Jahren verglichen. War es wirklich ein Erfolg für Österreich, das künftig jedenfalls mehr in den EU-Haushalt zahlen muss als bisher?

Michael Spindelegger: Ich würde es nicht als Erfolg bezeichnen. Es gibt auch keinen Anlass zum Jubel. Es ist ein akzeptables Ergebnis. Bei jedem Kompromiss gibt es Vor- und Nachteile. Der Vorteil für uns ist, wir haben die beiden Punkte für uns nach Hause gebracht, die uns wichtig waren: die Planungssicherheit für die Biobauern und Bergbauern sowie den Rabatt. Unser Wermutstropfen sind die höheren Nettozahlungen. Aber das ist trotzdem zu akzeptieren, weil wir ja auch sehr von der EU profitiert haben – etwa von der Ostöffnung. Da waren wir Hauptprofiteure.

Sie haben mit den Rückflüssen für die ländliche Entwicklung und dem Rabatt zwei Hauptziele der Regierung genannt. Doch in Wirklichkeit gibt es bei den Zahlungen an die heimischen Bauern deutliche Kürzungen. Der Rabatt von 180 Millionen jährlich konnte nur zur Hälfte gerettet werden.

Hier muss man aber auch den Verlauf der Verhandlungen sehen. Wir hatten einen Vorschlag von Ratspräsident Van Rompuy, der für Österreich noch viel schlechter gewesen wäre. Und wir hatten zu Beginn bei der ländlichen Entwicklung eine Kürzung von 30 Prozent. Das haben wir abgewendet. Und beim Rabatt gab es zuerst einen völligen Wegfall. Jetzt ist etwas mehr als die Hälfte doch geblieben.

Weniger Geld für die EU könnte auch weniger Zuständigkeiten für die EU bedeuten. Beispielsweise sollte die gemeinsame Außenpolitik verstärkt werden. Doch das wird mit diesem Budget nicht möglich sein. Wird sich auch die Bedeutung der Union reduzieren?

Das glaube ich nicht. Man darf das nicht nur in Geld messen. Sondern es geht um die Politik, die gemeinsam gemacht werden muss. Hier bin ich optimistisch, dass uns dennoch einiges gelingen wird. Wir werden nicht so viel in Richtung Nachbarschaftspolitik investieren können, wie wir ursprünglich beabsichtigt haben. Wir haben alle miteinander in der Europäischen Union zu sparen – auch in allen nationalen Haushalten. Deshalb werden wir das jetzt auch in der EU praktizieren müssen.

Erstmals wird jetzt ein EU-Haushaltsrahmen für die kommenden sieben Jahre kleiner sein als der bisherige. Wird der Union nicht ein strengerer Sparkurs verordnet als sich das die Regierungen selbst zumuten? Die meisten Haushalte – auch der österreichische – wachsen ständig.

Dass es so streng geworden ist, war eine Forderung von Großbritannien, der letztlich bei den Verhandlungen nachgegeben wurde. Und wir Nettozahler haben natürlich auch darauf gedrängt, dass das Budget nicht zu stark ausgeweitet wird, wie es die EU-Kommission ursprünglich beabsichtigt hatte. Letztlich ist der Kompromiss aber viel schärfer geworden, als wir – auch in Österreich – das vorausgesehen haben.

In einigen britischen Medien wird Premierminister David Cameron als Sieger dieses Gipfels dargestellt. War er das?

Auch er musste Kompromisse eingehen. Alle mussten Kompromisse machen. Ich sehe daher nicht den großen Sieger Cameron.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2013)

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