Kompromiss

Deutschland verschiebt „Heizwende“ nach hinten

Der Umstieg auf erneuerbare Energie ist vorerst verschoben.
Der Umstieg auf erneuerbare Energie ist vorerst verschoben. Patrick Pleul
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Das umstrittene deutsche Heizungsgesetz dürfte nun doch vor der Sommerpause beschlossen werden. Der Umstieg auf Erneuerbare erfolgt für die Masse später.

Nach einem wochenlangen Streit, der zur Belastungsprobe für die deutsche Regierung wurde, ist es in Berlin nun doch zu einer Einigung gekommen: Die Ampelkoalition bringt das Gesetz zum Heizungstausch am Donnerstag in den Deutschen Bundestag ein. Darauf haben sich die Spitzen von SPD, Grüne und FDP geeinigt.

Die teils hart und teils persönlich geführten Verhandlungen über das sogenannte Gebäudeenergiegesetz, mit dem die Regierung für mehr Klimaschutz sorgen will, haben für Zerwürfnisse zwischen den Koalitionspartnern gesorgt. Zuletzt hat sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) eingeschaltet, um die verfahrenen Gespräche wieder in Gang zu bringen. „Es ruckelte ein bisschen, aber heute hat es sich zu Ende geruckelt“, so sein Kommentar, als nach Monaten eine Einigung erzielt werden konnte. Eine weitere Verzögerung hätte dazu geführt, dass das Gesetz nicht mehr vor der Sommerpause hätte verabschiedet werden können.

Erst der Wärmeplan, dann die Heizung

Vor allem aus der FDP hat es Widerstand gegen das Gesetz gegeben, das ab 2024 eine schnellere Umstellung auf klimafreundliche Heizungen vorantreiben soll. Die Koalition verständigte sich auf mehrere Punkte, in denen der Gesetzentwurf verändert werden soll. Die ab 2024 geplante Vorgabe eines Anteils von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie beim Heizungsaustausch wird nun davon abhängig gemacht, dass in der Kommune eine verbindliche Wärmeplanung vorliegt. Großstädte sollen bis zum Jahr 2026 und kleinere Kommunen bis zum Jahr 2028 konkrete Pläne ausarbeiten, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen, beispielsweise durch Fernwärme oder Wasserstoffanbindung.

Bis diese Pläne feststehen, soll es für Heizungen in bereits errichteten Gebäuden einen Aufschub geben: Sollte eine Gastherme kaputt und nicht mehr zu reparieren sein, kann wieder eine fossile Heizung eingebaut werden und nicht zwingend eine mit erneuerbarer Energie betriebene. Laut einer Rechnung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ verschiebt sich so für mehr als eine halbe Million Haushalte der zuvor drohende Umstieg um zwei bis vier Jahre nach hinten.

Rund 600.000 neue Gasthermen

Es ist eine von mehreren Anpassungen, die Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgeschlagen hat, um das Gesetz noch durchzubringen. Die Pflicht zum Einbau einer klimaschonenden Heizung betrifft zunächst nur Neubauten in Neubaugebieten – laut Schätzungen weit weniger als 100.000 im Jahr. Auch Holzpellets und Wasserstoff sind unter bestimmten Auflagen erlaubt.

Schon jetzt werden mehr als 60 Prozent aller Neubauten in Deutschland primär mit Wärmepumpen, Solarthermie, Biogas und anderen erneuerbaren Energien beheizt. Im vergangenen Jahr wurden allerdings auch rund 600.000 Gasthermen neu eingebaut – trotz der Gaskrise. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass die Regierung am Ausstieg aus dem fossilen Heizen arbeitet. Mit dem Gesetz soll der Umstieg auf Erneuerbare durch eine staatliche Förderung von bis zu 50 Prozent abgefedert werden. (red.)


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