Frauenbüste

Laura, bist du es wirklich?

Seitenansicht der KHM-Marmorbüste: Die Zweige dahinter hat man sich von Giorgiones Laura-Bild geborgt.
Seitenansicht der KHM-Marmorbüste: Die Zweige dahinter hat man sich von Giorgiones Laura-Bild geborgt.KHM
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Eine neue Ausstellung im Kunsthistorischen Museum erzählt rund um eine anonyme Frauenbüste aus Marmor die Geschichte von Petrarcas Dichterliebe zu Laura. Ein kleiner Kunstkrimi.

Unverhohlen angestarrt zu werden, das ist diese blasse junge Dame gewohnt – seit über 500 Jahren. Der Blick zurück nur, der bleibt ihr ebenso lange schon versagt. Man merkt, wie schwer ihr das fällt, die Augen gesenkt zu halten, von den Lidern wie im Halbschlaf verhangen. Wer ist sie bloß? Wer stand einst Modell für diese ungemein fein ausgearbeitete, farbig gefasste marmorne Büste, die als „zweifellos schönstes Sculpturwerk der kaiserlichen Sammlung“ gepriesen wurde. Vor allem aber – wen sollte sie darstellen? Bist du es, Laura? Die der italienische Renaissancedichter Petrarca im lebenslangen Liebestaumel des Verschmähten in 366 Gedichten besang?

Behutsam umkreisen wir die gläserne Vitrine im Dunkel der neuen Sonderausstellung in der Wiener Kunstkammer im Kunsthistorischen Museum. In ihr erhebt sich wie in einem aufrechten Schneewittchensarg dieses wächsern wirkende Frauenbildnis. Ein Geheimnis umgibt diese Schöne; von sich aus, spürt man, wird sie nichts preisgeben. Generationen an Kunsthistorikern haben über der Deutung dieser Skulptur schon gebrütet. Eine aragonische Prinzessin stand zur Diskussion. Oder Bianca Maria Sforza, die arme zweite Gattin von Kaiser Maximilian I., die sich wahrscheinlich zu Tode hungerte aus Gram. Wundersame Ähnlichkeit. Es war eine Kunsthistorikerin, die Anfang der Neunzigerjahre eine völlig neue Deutung der mysteriösen Renaissancebüste vorschlug, was aber – bis zu der Ausstellung jetzt – ohne Echo blieb. Diese Brita von Götz-Mohr hatte eine wundersame Ähnlichkeit entdeckt: zwischen der Büste und einer berühmten Porträtminiatur am Beginn einer Ausgabe von Petrarcas Liebesgedichten, dem „Canzoniere“, aus der florentinischen Laurenziana-Bibliothek.


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