Konflikt mit Wagner-Gruppe

Warum Rostow am Don so wichtig ist

Ein Mitglied der Söldnergruppe Wagner in Rostow am Don.
Ein Mitglied der Söldnergruppe Wagner in Rostow am Don.Imago / Sergey Pivovarov
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Die Stadt nahe der Grenze zur Ukraine ist Hauptquartier des südlichen russischen Militärbezirks, der maßgeblich gegen die ukrainische Frühjahrsoffensive ankämpft.

Rostow am Don ist die größte Stadt in Südrussland und die Hauptstadt der Region Rostow, die an die Ostukraine angrenzt. Die Stadt, die 100 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt liegt, ist Hauptquartier des südlichen russischen Militärbezirks. Die 58. Armee des südlichen Militärbezirks kämpfe gegen die ukrainische Gegenoffensive in der Südukraine an, schreibt das Institut für Kriegsstudien (ISW) auf Twitter. Der Umfang der Wagner-Truppen in Rostow ist vorerst unklar.

Ein Angriff der Wagner-Gruppe dort hätte dramatische Auswirkungen auf die russischen Kriegsbemühungen in der Ukraine. Prigoschin ziele mit seinem Vorstoß daher auf die russische Militärführung Führung ab, schreibt ISW: Zuallererst auf die Leitung im südlichen Militärbezirk, ultimativ aber gegen die Befehlshabenden in Moskau - und damit auf Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Ein Sturz des Militärchefs durch Prigoschin sei aber sehr unwahrscheinlich.

Der Hintergrund des Konflikts laut ISW: Mitte Juni wurden Pläne des russischen Verteidigungsministerium bekannt. Bis 1. Juli sollten demnach alle paramilitärischen Formationen in Russland, deren Zahl im Zuge des Krieges auf bis zu 40 Stück gewachsen ist, unter die Kontrolle des Moskauer „Minoborony“ kommen. Im Gegenzug sollten die Kämpfer die gleichen Vorteile und Schutzmaßahmen wie reguläre Soldaten erhalten. Anders als die Achmat-Gruppe des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow hat Prigoschin das brüsk abgelehnt. Eine Unterordnung seiner Wagner-Gruppe unter das russische Verteidigungsministerium hätte bedeutet, dass Prigoschin drastisch an Einfluss verloren hätte.

Nur wenige russische Einheiten rund um Rostow stationiert

Der Chef des Hauptquartier des südlichen russischen Militärbezirks Generaloberst Sergei Kuzowlew (56) ist ein bisher mäßig auffälliger Offizier, dessen politische Neigung schwer einschätzbar ist; 2020/21 befehligte er für mehrere Monate das russische Expeditionskorps in Syrien.

In Rostow selbst bzw. dessen unmittelbarer Nähe sind jedoch vermutlich nur wenige Einheiten stationiert, vor allem eine Brigade der Spezialeinheit Spetsnaz und ein Flugabwehrregiment. Die Masse der drei Armeen, drei Armeekorps und anderer kleinerer Einheiten dieses Militärbezirks sind weit verstreut zwischen dem Raum Wolgograd im Nordosten und Tschetschenien sowie den Grenzen zu Aserbaidschan und Georgien im Süden; sie können daher in Rostow so rasch nicht eingreifen, zumal ein beträchtlicher Teil dieser Kräfte in der Ukraine steht und die rückwärtigen Einheiten in den Garnisonen in großem Maße wenig kampfstark sind im Vergleich zu den im Krieg gestählten „Wagneriten“. Die Mannschaftsstärke im Südlichen Militärbezirk ist schon wegen des Engagements in der Ukraine unmöglich zu nennen; es dürften einige Zehntausend Mann sein. (me/wg/som)

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