Im Heuer am Karlspatz ist es voll. Laut. Heiß. Und die Haubenküche sehr casual. Dafür gibt’s Schweine-Ildefonso.
Wie nennt man das nur – ein Tritter? Statt Zwitter? „Der. Die. Das. Heuer am Karlsplatz“ wirbt mit seinem neuen Online-Auftritt anscheinend um die queeren Kunststudierenden, die derzeit gerade in seinem/ihrem gläsernen Bauch ausstellen. Hin und wieder vergisst man ja, dass sich ans brummende (auch vor Gelsen) und summende (auch vor nerviger Konservenmusik) Lokal am Karlsplatz der meditative Ableger der Kunsthalle Wien im MQ schmiegt. Die Zielgruppen vermischen sich, blickt man auf der Terrasse um sich, höchstens peripher. Aber das ist nichts Neues. Neu hingegen das Management-Team, das von Eigentümer Andreas Wiesmüller die Restaurantleitung übernommen hat. Wovon man jetzt nicht viel berichten kann, es ist hier wie in jedem „Szenelokal“ an einem Sommerabend schlicht zu wenig Personal vorhanden. Was immerhin sogar den Wiener dazu erzieht, sich nach unfreundlichem Service zu sehnen – Hauptsache, Service. Der zumal im Heuer äußerst zuvorkommend bleibt. Nicht einmal dreimaliges Nachfragen nach dem Achtel Grünen Veltliner lässt hier jemand grantig werden. Man kann derweil ja vom Sauerteigbrot, natürlich, naschen. Absehbarer Auftakt zum Zwei-Hauben-Essen, das hier niederschwellig und zu vernünftigen Preisen im gleich neben dem lauten Bar-Bereich abgegrenzten lauten Casual-Dining-Bereich angeboten wird. Der Koch hier war die vergangenen Jahre schon Souschef von Markus Höller.

Als dieser in die Palette am Vorgartenmarkt weiterzog, rückte Sebastian Wandl also nach, um mit dem hier im Heuer seit Eröffnung 2019 gepflegtem Eingelegten, heute sagt man Fermentiertem, zu arbeiten. Ich kann mich noch an den Räuchersaibling im Zeitungspapier erinnern damals. Und den Salzrhabarber im Salat. Jetzt haben sich diese Zutaten zum Ceviche vereint. Zwiebeln und Radieschen killen allerdings den Geschmack, vor allem des großzügig untergezogenen Saiblingkaviars (13 Euro). Genau wie der Knoblauchjus die knusprige „Vanille“-Waller-Schnitte (27 Euro). Vanille? Einst, erfährt man, adelte man in Wien den Knoblauch zur Vanille für Arme. Was man wohl dem Kohlrabi nachsagte? Der wird hier bissfest gegart mit Koji-, also puren Umami-Bröseln bestreut, gut. Prinzipiell aber sollte man sich hier eher – wäre es nicht so stickig unter den Schirmen – ans Fleisch halten, Wild vor allem. Die Mangalitza-Sulz-Würfel haben unglaublichen Schmelz. Ildefonso für Reiche. Der, die oder das?
Info
Heuer am Karlsplatz, Treitlstraße 2, 1040 Wien, Tel.: +43/(0)1/890 05 90, Café und Terrasse Di–So: 14–1, So: 12–19 Uhr, Restaurant: Di–Sa: ab 18 Uhr.