Studenten müssten auf Basis individueller Leistungen, nicht anhand ethnischer, sozialer Kriterien im Sinne der umstrittenen „Affirmative Action“ beurteilt werden.
Der Supreme Court der USA hat ein Urteil gefällt, das in ideologisch aufgeheizten Milieus der USA, ganz zuvorderst an den Hochschulen und Unis, noch für viel Wirbel sorgen dürfte. US-Universitäten können demnach Studenten nicht mehr wegen ihrer Hautfarbe bei der Aufnahme bevorzugen. Das entschied das Gericht in Washington am Donnerstag in einem Grundsatzurteil, das die konservative Mehrheit unter den Richtern spiegelt.
Die als „Affirmative Action“ seit Jahrzehnten übliche Praxis verstoße gegen die Verfassung, hieß es. Mit dem Vorgehen hatten Hochschulen über Jahrzehnte versucht, einen besseren Zugang von Minderheiten zu Unis sicherzustellen. „Der Student muss auf der Grundlage seiner Erfahrungen als Individuum behandelt werden - nicht auf der Grundlage seiner Rasse“, schrieb der konservative Richter John Roberts in seiner Urteilsbegründung. „Viele Universitäten haben viel zu lange genau das Gegenteil getan. Und dabei sind sie fälschlicherweise zum Schluss gekommen, dass der Prüfstein für die Identität eines Menschen nicht die gemeisterten Herausforderungen, die erworbenen Fähigkeiten oder die gelernten Lektionen sind, sondern die Hautfarbe. Unsere Verfassungsgeschichte duldet diese Entscheidung nicht“.
In den USA ist der Begriff „race“ (Rasse) zur Unterscheidung von Bevölkerungsgruppen anhand ihrer Hautfarbe üblich und nicht belastet wie im deutschsprachigen Raum. In dem Urteil ging es um Klagen der Studentenorganisation Students for Fair Admissions (Studenten für faire Zulassungen) gegen die private Elite-Universität Harvard und die staatliche University of North Carolina (UNC). Die Kläger argumentieren unter anderem, durch die insbesondere auf Afroamerikaner abzielenden Auswahlverfahren würden Bewerber mit asiatischen Wurzeln benachteiligt.
Gut Gemeintes zementiert Unterschiede und spaltet die Gesellschaft
Maßnahmen unter dem Schlagwort Affirmative Action waren in den 1960ern im Zuge der Bürgerrechtsbewegung eingeführt worden. Ziel war es, Schwarzen nach Jahrhunderten der Unterdrückung, Diskriminierung und Benachteiligung einen besseren Zugang zu guter Bildung zu ermöglichen. Solche Programme waren aber von Anfang an umstritten. So zogen weiße Studienbewerber mit dem Argument vor Gericht, sie würden Opfer „umgekehrter Diskriminierung“. Kritiker sagen auch, die Hautfarbe als Kriterium zu berücksichtigen zementiere erst die Unterteilung von Menschen in unterschiedliche Gruppen und spalte damit die Gesellschaft erst recht.
1978 urteilte der Supreme Court zwar, Universitäten dürften bei der Auswahl von Bewerbern keine festen Quoten anhand der Hautfarbe nutzen. Farbe oder Ethnie könnten aber als eines von mehreren Kriterien genutzt werden, um Vielfalt in der Studentenschaft sicherzustellen.
Jetzt kippte der in den vergangenen Jahren von links nach rechts gerückte Gerichtshof das Prinzip der Affirmative Action. Am Supreme Court stellen Konservative eine Mehrheit von sechs der neun Richter; zwei davon sind schwarz, einer davon wird dem republikanischen Lager zugerechnet. (APA/AFP/red.)